STUDII DE ISTORIE VECHE ŞI ARHEOLOGIE
BIBLIOTHECA ARCHAEOLOGICA
ET HISTORICA CORVINENSIS – IV MUZEUL „CASTELUL CORVINILOR” ISBN 973-7951-59-X, Editura Nereamia Napocae – Cristian Matos, Hunedoara 2004 Volum îngrijit de: Cristian C. Roman, Dragoş
Diaconescu, Nicolae Cerişer Prelucrare
Web: Cosmin Suciu; Powered by: Institutul pentru Cercetarea Patrimoniului Cultural
Transilvanean în Context
European (IPTCE)
Alexandru
Sonoc, Zwei römischen Skulpturdenkmäler
aus dem Taldes Sîngătins und einige Betrachtungen über deren möglichen
sozialen und kulturellen Umfeld
Zusammenfassung -
Die mit diesem Anlaß besprochene Grabdenkmälerbruchstücke, die vor
ihrer im Sommer 1999, während der Sanierung des Tiefgeschosses der Nicolae
Lupu- Fakultät für Geschichte und Kulturbesitz der Lucian Blaga- Universität
zu Hermannstadt geschehenen Beschädigung noch rote (Blei- Minium) und blauen
Farbenspuren besaßen, sind zwei linken Seitenwände von zwei sogenannten aediculae*. Sie wurden in Sekundärlage,
im Ort Klein-Enyed/Sîngătin/Kisenyed (Kr. Hermannstadt/Sibiu/Szeben),
auf dem Tal des gleichnamigen Flusses, in der unmittelbaren Nähe des
römischen Fundortes von Hulă
entdeckt, wo sich angeblich eine noch unerforschte villa rustica befinden soll und wurden schon, aber sehr
fehlerhaft und mit einer sehr schlechten Abbildung, in einer älteren
Veröffentlichung ihrer Bergers (der selige Univ.-Prof. Dr. Nicolae Branga)
erwähnt, der, trotzdem, bemerkt hat, daß "die
Skulptur einige in der Kunst des römischen Dakiens ungewöhnlichen Figurativ-
und Durchführungselemente erweist"1. Laut den
Fachbestimmungen von Herrn Viorel Ciuntu, Geologe beim Brukenthal-
Nationalmuseum zu Hermannstadt, wurden die beiden Denkmäler aus
mittelkompaktem, feinem- bis mittelgrobkörnigem Sedimentationskalk mit
kalzitischem Zement, seltenen Quarzgranula und sporadischen Flitter von
Biotit (schwarzer Glimmer) hergestellt. Eine der beiden
Seitenwände (100 x 66 x 15 cm) ist beiderseitig mit Reliefs verziert: auf der
äußeren Seite, auf der noch die Spuren des Pflugeisens gesehen werden können,
sind zwei miteinander kämpfenden Ringkämpfer dargestellt, während auf der
inneren Seite, die in drei Bildfelder geteilt ist, sind ein berittener Jäger
auf Eberjagd, die Totenklage des auf der kliné
liegenden Verstorbenen und die Bildnisse seiner Familienmitglieder zu sehen,
die an einem Mahl teilnehmen; die Teilung der Wände in 3 Bildfelder ist, in
der Grabkunst römischen Dakiens, ein norischer Einfluß2; im oberen
Teil dieser Wand, an der Seite der Verbindung mit der Hinterwand der aedicula, die von des unbearbeiteten
Streifens der Innenseite angedeutet wird, ist noch das Loch der bei der
Verbindung benutzten Eisenklammer erhalten. Die andere Seitenwand (118 x 70 x
14 cm) ist nur auf einer Seite verziert; sie stellt eine männliche, nackte
und bärtige Gestalt dar, die einen Reh-oder Hirschbock hoch über seinen Kopf
hält. Wir werden nacheinander die Szenen beider Seitenwände besprechen, indem
wir versuchen deren Deutung zu erklären und einige Auskünfte bezüglich des
Verstorbenen zu erhalten, denen diese merkwürdige, in dieser Gegend sehr
selten vorkommenden Grabdenkmäler zugehörten. Die Szene mit den beiden
Ringkämpfer
ist, irgendwie, ungewöhnlich in diesem Teil des Römischen Reiches, wo die certamina Graeca, wie auch in den westlichen
Provinzen, weniger als die Gladiatorenkämpfe beliebt gewesen sein werden. Die
Römer fanden die certamina Graeca
als entartet, weil sie nackt in geschlossene Männerkreise ausgeübt wurden
und, indem die Betätigten ihre Leben nicht riskierten, als verweichlicht und
als aus moraler Hinsicht. wertlos; im westlichen Teil des Reiches wurden sie
sogar zweimal verboten, einmal in Rom (und nur für kurzer Zeit) und einmal in
Vienna3. Indem er sich den fernen Beispiele der philhellenischen
Generäle aus dem 2. Jh. v.u.Z. fügte und die Versuche von Sulla, Pompeius und
Caesar wiederaufgenommen hat, die certamina
Graeca in Rom einzubürgern, hat Octavianus im Jahre 28 v.u.Z. in
Erinnerung an seinem Sieg über Marcus Antonius und die Königin Kleopatra von
Ägypten die aktischen Spiele eingerichtet, die aber im Jahre 16 u.Z. nicht
mehr belegt sind4 ; vergebens haben Nero, durch die
neronischen Spiele, die schnell in Entwöhnung gefallen sind und Domitianus im
Jahre 86, durch Agon Capitolinus
versucht, die Interesse für die certamina
Graeca wiederzubeleben5. Obwohl Iulianus Apostata ihnen seine
ganze Fürsorge zeigte und die Juristen immer ihre hohe Moralität angezeigt
haben (Digestae, I, 3-4), in Rom
geling ihnen nie mit den munera
richtig zu konkurrieren6. Deswegen sind diese Darstellungen auch
nicht häufig in den westlichen Provinzen, wo sie nur vereinzelt, unter
anderem in Africa, Italien und Noricum belegt sind7, obwohl, unter
griechischen Einfluß, die certamina
Graeca sich von großer Schätzung bei Pompeji erfreuten, sowohl in Theater8,
wie auch in den Palästren9, vor allem im Milieu der jungen
Aristokraten, die sie in einem geschlossenen "Klub" ausgeübt haben10.
Die uns bisher zugänglichen römerzeitlichen Materialien belegen diese
Wettkämpfe in den balkanischen und Donauprovinzen hauptsächlich in Pannonien11,
aber auch in Moesia Inferior12, auch wenn in einer geringeren
Anzahl. Die Ringkämpfer sind auf dem Acheloos- Mosaik aus Iuvavum (Salzburg),
auf einem Relief einer aedicula bei
Šempeter pri Celju (Slowenien), auf einem Mosaik aus Aquincum und auf einem
Inschriftstein aus Odessos zu sehen. Wie bei Iuvavum und in Africa, bei
Utica, kommt eine Ringkampf- und Boxszene auch auf einem Mosaik aus Samos und
eine Ringkampfszene auf einem polychromen Mosaik aus Ayas, in Kilikien vor,
während eine Ringergruppe aus Bronze im Museum aus Baltimore aufbewahrt ist13.
Neulich, wurde ein Bronzegefäß mit agonalen Szenen, darunter auch eine mit
Ringkämpfer veröffentlicht, das bei Julmarkt/Gilău/Gyalu (Kr.
Klausenburg/Cluj/Kolozsvár) entdeckt wurde und in der ersten Hälfte
des 3. Jh. datiert wird14; die erwähnten Darstellungen wurden
hypothetisch mit Wettbewerbe aus der griechischen Welt in Zusammenhang
gebracht oder mit denjenigen, die mit dem Kaiserkult verbunden waren und,
beginnend mit denjenigen, die für Alexander Severus (Severeia) veranstaltet wurden und danach mit denjenigen für
Maximinus Thrax und für Gordianus III auch auf Münzen vorkommen, nach dem,
zuerst, diejenige, die von Heliogabalus für die Göttin Demetra veranstaltet
wurden, ihre Widerspiegelung in der Numismatik der griechischen Städte aus
Kleinasien fanden15. Ein anderes Bronzegefäß mit solchen Szenen,
das aber in der Spätantike datiert wird, stammt aus Konstantinopel16.
Im Kastell aus Bologa/Sebesvár (Kr. Klausenburg/Cluj/Kolozsvár) wurde eine
Glasflasche entdeckt, die aufgrund des Kontextes im 3. Jh. datiert wurde, auf
deren Boden eine Szene mit Faustkämpfer dargestellt ist17. Auf dem am ehesten in der
zweiten Hälfte des 3. Jh., spätestens an den Beginn 4. Jh. datierten18
Acheloos-Mosaik aus Iuvavum, neben einer Pankration- und einer Boxszene, ist
auch ein Schulterwurf dargestellt: derjenige, der diesen Verfahren ausführt,
steht mit gespreizten Beinen, hat das rechte abgewinkelt, das linke gestreckt
und beugt sich unter der Last des Gegners, den er über die Schulter zu Boden
werfen wird, während dieser sich zu wehren versucht, indem er den rechten Arm
ausstreckt, um den Überlegenen aus dem Gleichgewicht zu bringen19.
Auf einem Relief des am Anfang des 2. Jh. gebauten Grabdenkmal der Prisciani
aus Šempeter pri Celju, die duumviri
iure dicundis der Stadt Claudia Celeia waren, ist ein nackter, sich
ausübender Athlet dargestellt, neben dem ein Ringkämpfer auf seinem
Oberschenkel seinem mit einem subligaculum
bekleideten, mit der Rechten ihn anfassenden Gegner hebt, der sich befreien
möchtet, indem er dessen Kopf mit der Linken wegzurücken versucht; ihnen
nähert sich ein nackter Palaestra- Sklave mit zwei Ölbehälter, der Preis des
Wettbewerbes20. In
Aquincum, Stadt in der auch eine palaestra
entdeckt wurde21, auf einem im 3. Jh. datiertem22
Mosaik in dem Bad eines Hauses, ist vor einem Schiedsrichter ein muskulöser
schwarzer Ringkämpfer zu sehen, der den zarteren hellfarbigen Gegner (wie der
andere Athlet, durch cirrus
gekennzeichnet) hochhebt, indem er ihm zwischen den eigenen Beinen ein Bein
hineinsteckt und neben diesen, der siegssymbolisierende
Palmenzweig und, oberhalb, das nötige Körperpflegezubehör (Ölkrug, Schale,
Schabeisenbündel)23. Auf einem Reliefstreifen auf einem
Inschriftsstein aus Odessos, wo auch thermae
mit palaestra bekannt sind24,
sind von links nach rechts der Schiedsrichter, zwei Ringkämpfer und zwei
Paaren von Faustkämpfer, sowie das als Preis geschenktes dolium dargestellt25. Auf einer Grabstele mit
griechischer Inschrift der Familien von zewi Soldaten thrakischer Herkunft
aus den Hilfstruppen, die bei Gorna Bechovica (Bulgarien) und,
wahrscheinlcih, mit der Mitte des 2. Jh. beginnend datiert wird, kommen
Dartsellungen von Faustkämpfer, Athleten und Ringkämpfer vor, bezüglich der
Z. Gočeva behauptet, daß es keine Daten zur ihren Beziehung mit den
Verstorbenen gebe und, infolgedessen, diese schwer zu erklären seien26. Trotz
der ungünstigen Wahrnehmung der certamina
Graeca in den römischen Milieus, eine gewisse Sinnähnlichkeit mit den auf
zwei im römischen Dakien entdeckten Ädikulawände aus Kalkstein vorkommende
Gladiatorendarstellungen könnte doch in Betracht genommen werden; die
jüngsten Veröffentlichungen bezweifeln nicht mehr daß in beide Fälle um
Darstellungen von schwer bewaffneten Gladiatoren handelt27. Auch
wenn die Vorführungen von Gladiatorenkämpfe ihre Herkunft in den anläßlich
der Leichenspiele der Etrusker vorgeführten Kämpfe haben28, ist schwer
zu glauben daß, nach der Erscheinung von Regeln bezuglich des Kapitals von
400 000 Sesterzen, das von einem tiberianischen Gesetz den Privatpersonen
erfordet wurde, die munera veranstalten
wollten und nach deren "Monopolisieren" von dem Kaiser29,
das Vorkommen solcher Darstellungen auf provinzialrömischen Grabdenkmäler aus
dem 2.-3. Jh. noch mit Leichenspiele in Zusamenhang gebracht werden kann. Ist
wichtig, deswegen, den sozialen und kulturellen Kontext in dem die
Grabdenkmäler mit Dartsellungen von munera
und certamina Graeca vorkommen zu
untersuchen. Eine mögliche
Gladiatorendarstellung kommt auf einem im Museum für Geschichte Siebenbürgens
aus Klausenburg aufbewahrten Grabdenkmal vor30: auf der Innenseite
dieser Ädikulawand, die, vermutlich, zwei Bildfelder hatte, ist ein mit tunica manicata und Mantel bekleideter
Reiter nach rechts gehend und blicken zu erkennen und auf der Außenseite sind
zwei gegeneinander stehenden, in Profil gemeißelten Gestalten, deren
Gesichter undeutlich sind und die als genii
cucullati betrachtet wurden, indem man glaubte daß sie mit "Mantel oder Regenmantel mit Kapuzen
mit gespitzten Zipfeln" bekleidet seien. In der rechten, nach vorne
gebogenen Hand der linken Gestalt, befindet sich ein Krummdolch, indem eine
ähnliche Waffen kann auch die andere Gestalt, in ihrer rechten, nach hinten
gehaltenen Hand haben. Als genii
cucullati, als Heil-, Fruchtbarkeits- und Jenseitsgottheiten unklarer
orientalischen, etruskischen, keltischen, illyrischen oder thrakischen
Herkunft, wurden sie auch als seelenführenden Gottheiten betrachtet, die
manchmal mit Dolche bewaffnet sind31. Eine aufmerksamere
Beobachtung zeigt aber daß der Regenmantel, eher, rechteckige Schilde oder
Panzer sein können und die Kapuzen mit gespitztem Zipfel Kammhelme zu sein
scheinen, deren weiter Halsschutz auch den Oberteil der Schulter und der
Brust beschützen; in diesem Fall, könnte es um Gladiatoren handeln, nämlich
um einen Thraex und, vielleicht, um
einen myrmillo. Es ist schwierig zu
sagen, ob im Fall des Reiters es um den Verstorbenen selbst, als Vertreter
der Elite von provinziellem Peregrinerstand (seinen recht bescheidenen
materiellen Mitteln nach, die ihm ermöglicht haben einen solchen Grabdenkmal
errichten zu lassen, das durch seine Armut für einen römischen Ritter
ungeeignet ist!), vielleicht auf dem Weg in das Jenseits handelt oder, eher,
um einen der beiden Dioskuren, die auf den inneren Seiten der Seitenwände des
Grabdenkmales dargestellt wurden, als Beschützer des, gewiß, auf dessen
Rückwand dargestellten Verstorbenen; auf der Außenseite der anderen
seitlichen Wand konnte, wahrscheinlich, aus Symmetriegründen, ein mit der
erhaltenen Seitenwand ähnliches Bild dargestellt gewesen sein wird. Das
Grabdenkmal belegt, also, einen Einfluß des, anscheinend, mit den Mysterien
aus Samothrake und, gewissermaßen, mit dem Kult der donauländischen Reiter
und des heroisierten Toten verbundenen Kultes dieser Schutzgottheiten, die
bestimmt sind, den Anbeter von den verschiedensten Gefahren auf Wasser und
auf Land zu behüten, ihm Hilfe und Heil in den schweren Zeiten zu leisten. Es
handelt, danach, um ein aus einem unbekannten Fundort aus Siebenbürgen
stammendes, von der zweiten Hälfte des 2. Jh. und bis in der ersten Hälfte
des 3. Jh. datiertes Grabdenkmal, das im Brukenthal- Museum aus
Hermannstadt/Sibiu/Nagyszeben (Kr. Hermannstadt) aufbewahrt ist32:
auf der inneren Seite dieser Seitenwand, aus der nur zwei Bildfelder erhalten
geblieben sind, ist ein Reiter nach rechts dargestellt, der mit einer kurzen tunica und einem auf der rechten
Schulter mit einer runden Fibel befestigtem Mantel bekleidet ist, während das
untere Bildfeld einen nach rechts fahrenden zweirädrigen Korbwagen (cisium) zeigt, der von zwei Pferden
gezogen ist, auf dessen vorderen Bank der Kutscher (auriga), bärtig und mit lockigem Haar, bzw. auf dem hinteren Sitz
ein in der Fahrtrichtung geneigten Mann, mit dem Fuß auf dem Wagenrand und
dem Zuschauer gewendet sitzen; auf der äußeren Seite wurden flüchtig zwei
gegeneinander stehenden nackten Gladiatoren dargestellt, die nur mit
rechteckigen Schilde und je einem wenig unterschiedlichen Helm mit Halsschutz
tragen, indem der rechte einen Krummdolch (sica) und der linke, angeblich, einen gladius hält. Der Reiter kann den Verstorbenen selbst oder einen
der Dioskuren darstellen, sowie auf dem im Klausenburger Museum aufbewahrten
Grabdenkmal. In diesem Fall, die Fahrtszene mit cisium stellt einen anderen Ereignis aus dem Leben des
Verstorbenen, eine seiner Reisen, aus dem täglichen Leben (eine
Vergnügungsreise oder, eher, ihn, als Landbesitzer, seinen Gut besuchend oder
ihn als um seinen Geschäften sich kümmernden Händler), wenn nicht, wie einige
Forscher meinen, sogar die Jenseitsfahrt dar, wo er von den Dioskuren
begleitet ankommt, ein Fall in dem, im unteren, verschollenen Bildfeld, eine
andere bedeutende Szene aus seinem Leben dargestellt gewesen sein wird, die
auch unter dem göttlichen Schutz der Dioskuren geschah. Die
Darstellung der Gladiatoren ist mit weniger Wahrscheinlichkeit als Anspielung
auf den Gedächtnisspiele, die, selbstverständlich, zu teuer für die
Bestattung eines zwar wohlhabenden Menschen, aber mit recht bescheidenen
Mitteln (laut der Natur und der Qualität seines Grabdenkmales) oder auf die
vom Verstorbenen als munerarius
angebotenen Spiele übernommen geworden zu sein, sondern, eher, aus dem
täglichen Leben, als Ausdruck seines Interessen für solche Kämpfe. Eine
genaue Deutung dieses Zusammenhangs der Gladiatorendarstellungen mit den mit
Amphitheaterspiele verbundenen Szenen oder mit Reiterdarstellungen ist schwer
anzugeben, aber auch zu sagen, ob es um individuellen oder um
Familiengrabdenkmäler handelt, ist nicht einfach. Wenn wir bei den Karren-
und Wagenfahrten aus den balkanischen und Donauprovinzen bleiben möchten,
stellen wir aber fest, daß nicht alle Wagendarstellungen auf römerzeitlichen
Grabdenkmäler mit der Jenseitsfahrt in Verbindung gebracht werden können, wie
manche Forscher das gern haben möchten33, sondern, eher, mit den
Beschäftigungen der Verstorbenen, manchmal, wahrscheinlich, Veteranen: es
handelt um Händler oder Fuhrleute oder, eher, um städtische Würdenträger34
(die als Spielgeber dargestellt sind) und, eventuell, um Landbesitzer und,
vielleicht, um Wagenlenker. Bei Armenierstadt/Gherla/Szamosújvár
(Kr. Klausenburg), auf der Wand einer aedicula,
kommt die Darstellung eines Wagens mit zwei Leute vor, unterhalb deren ein
Löwe dargestellt ist35. In derselben Ortschaft, im oberen Bildfeld
eines Bruchstückes einer anderen Ädikulawand ist ein Mann dargestellt, der
die Peitsche und die Zügeln einer von zwei Pferden gezogenen biga hält36; das Denkmal
wurde als einem örtlichen Händler zugehörend betrachtet, "der in der Gegend und über die Grenze Ware verkaufte"37.
Die beiden Stücke müssen aber, im Licht der Ergebnisse der neuen Forschungen,
als Magistraten in Ausübung ihrer Ämter darstellend betrachtet werden, indem
die biga ein signum dignitatis ist38. Bei Teteven (Bulgarien), auf
der Grabstele eines torquaten und mit Schwert bewaffneten Mann und seiner
Frau kommt das Bild eines auf einem vierrädrigen Wagengestell befindlichen
Fasses39, bei Vicus Tralensium und bei Kameno Pole (Bulgarien)
gibt es Darstellungen von vierrädrigen Gespanne, die von Ochsen gezogen sind
und je ein Faß fuhren und der Fuhrmann unten, vor den Ochsen dargestellt ist40,
wie in der zweiten Hälfte des 2. Jh. auf einer Widmung des Ulpius Maximus an
Dionysos aus Făgăraşul Nou (Kr. Tultscha/Tulcea)41,
bei Durostorum (Silistra, Bulgarien), auf einem Marmorquader mit der
Darstellung der Mahlszene sieht man unterhalb links einen Mann bei Pflügen
und rechts einen vierrädrigen Gespann42, während bei Tomis (Constanţa, Rumänien), auf der Grabstele
des Byzantinen Aurelios Sozomenos, Sohn des Zotikos, ist der Fuhrmann in
Ochsenkarre und seiner Diener zu Fuß43, indem noch ein mit diesem
sehr ähnliches Bild ist in der Gegend bekannt, auf der im 3. Jh. datierten
Grabstele aus Topraisar, die für die Gattin des Naieton, Sohn des Dekebalos,
errichtet wurde44, aber, in diesem letzten Fall, im Wagen (plaustrum) reist die Familie des
Fuhrmannes45. Auf dem am Ende des 1. Jh. datierten Grabstein von
Carnuntum des Legionärs C. Attius Exoratus ist ein Soldat in einheimischer
Tracht auf einem von einem kleinen Hund gefolgten vierrädrigen zweispännigen
Ochsenkarren, der für Holz- oder Heutransporte ausgerichtet ist, gegenüber
einem Bauer dargestellt46. Alle diese Denkmäler sind, offensichtlich,
mit der Handels- und Fuhrtätigkeit verbunden47. Die zwar in
populärwissenschaftlichen Arbeiten eingebürgerte Meinung, laut der die
Darstellungen mit Wagenszenen sich auf dem Postdienst (cursus publicus) oder auf Reiseszenen beziehen, erwies sich bei einer
Analyse der Darstellungen, die mit diesen beiden Tätigkeiten verbunden werden
können, als unbegründet48. Trotz
dem Mangel in Rom und sogar in Italien an einer mit der provinziellen
ähnlichen Tradition, es ist unsicher ob diese sei es realistische, profane
Wagendarstellungen, sei es mit religiöser Deutung, auf seltene griechischen
Modellen berühren: das Relief mit der Darstellung eines vierrädrigen Wagens
und des vor diesem reitenden Sklaven von Šapla-Dere oder Dede Agac
(Bulgarien)49, der eine so gute Erklärung für das Vorkommen von 3
Pferdenskeletten (aus denen 2 immer als Zugtiere darstellen sollen, indem der
andere das Reitpferd, eher des Herren als des auch als Leibwache dienenden
Dieners sei, wie das auch auf 3 Grabdenkmäler aus Intercisa zu sehen ist50!)
in manchen römerzeitlichen Wagengräber aus Ungarn51 oder, früher,
im 4. Jh. v.u.Z. im thrakischen Fürstengrab aus Strelča (Bulgarien)52
oder im triballischen aus dem 4.-3. Jh. aus Vraca (Bulgarien)53
und im 1. Jh. in demjenigen eines geto-dakischen Häuptlings aus
Kudsir/Cugir/Kudzsir (Kr. Eisenmarkt/Hunedoara/Hunyad)54 sein
könnte, soll aber aufgrund der stilistischen Analogien beim olympischen
Tempel des Zeus im ausgehenden 6. Jh. v.u.Z.55 oder, aufgrund
einiger Ähnlichkeiten mit dem "Grab des Satrapen" und mit einigen
ionischen Gräber aus Xanthos, im 5. Jh.56 datiert werden; die Lage
des Fundorts widerspricht, unserer Meinung nach, eine so frühe Datierung in
dieser Gegend, wo solche anspruchsvolle Denkmäler in jener Zeit schwer
anzunehmen sind, so daß, mit Recht, S. Ferri hat diesen Denkmal im 2.-3. Jh.
datiert57. Die Kontinuität der Wagenbeigaben kann nicht in allen Provinzen
festgestellt werden, trotz ähnlichen vorrömischen Bräuchen: diese Beigaben
fehlen in Britannien, Raetien und Noricum58; so daß, in Germania
Superior, ein Wagengrab aus der Mitte
des 2. Jh. aus Geinsheim-Böbingen (Deutschland) einiger thrakischen Elemente
zugeschrieben wird, die aus Südosteuropa oder sogar aus Kleinasien gekommen
sind59. Man versuchte, die
Darstellungen von Reiter und Wagen auf Grabdenkmäler durch das erneute
Vorkommen von repräsentationsbedingten Grabbeigaben (vor allem Wagenanteile
und Klappstühle, aber auch Waffen und Trinkhörner, ganz selten Zugpferde und
deren Zaumzeug) seit dem 2. Jh. u.Z. zu erklären, indem A. Alföldi die
Meinung äußerte, daß die Aristokraten altes Brauchtum unter römischer
Herrschaft wieder aufgenommen hätten, wenn sie Ansehen genossen, durch
Militärdienst, Beteiligung an den Pflichten des ordo decurionum oder Landbesitz60; im römerzeitlichen
thrakischen Milieu diese Tendenz, die Wiederbelebung der alten
aristokratischen Bräuche, aber in einem neuen kulturellen un
sozial-politischen Kontext, wird schon seit dem 1. Jh. und dem anfangenden 2.
Jh. festgestellt61, während in der zweiten Hälfte des 2. Jh.
erhielt dieses Phänomen einen größeren Umfang, obwohl die Anzahl und die Wert
der spezifisch thrakischen Inventargegenstände noch stärker abnehmen, auch
wenn reiche Hügelgräber noch im ausgehenden 2. Jh. und anfangenden 3. Jh.
vorkommen62. Wagen und Klappstühle kommen in den Provinzen
seltener vor als Beigaben, hauptsächlich in der Nähe größerer Gutshöfe und
bisweilen im Umland städtischer Siedlungen; auf Grabdenkmäler sind öfters nur
Wagen dargestellt und seltener Klappstühle, in Gegensatz zu Italien63.
Es bleibt aber fraglich ob auch die Frauen das Recht genossen, mit
Wagenanteile und Klappstuhl bestattet zu werden64. Laut
G. Kossak, die Beigabe dieser Art sind sowohl mit irdischer Repräsentation,
wie auch mit Jenseitsvorstellungen in Zusammenhang zu bringen, indem beide
Begründungen bei der Bestattung eng verbunden sind: einerseits die
Vorstellung, daß die in den Sachen, die nach altüberlieferten
Bestattungsriten den Ahnen als Verehrungzeichen mitgegeben wurden, verborgene
Lebenskraft wird dem Verstorbenen zugute kommen, wie z.B. der Wagen bei der
Jenseitsfahrt65, andererseits ist der Wagen des feierlichen
Aufzuges entsprechend mit solchen Attributen (vor allem die dionysische
Gefolge, als Symbol der Wiedergeburt des Toten) beschmückt, die nicht nur
seine aristokratische Würde, sondern auch seinem neuen Zustand als
Götternächste zu evozieren; außerdem, römisch war der Brauch, den feierlichen
Aufzug, bzw. die Jenseitsfahrt auf Grabsteinen bildlich darzustellen,
archaisch das Kultgerät in Grab zu geben66. Der zweirädrige Wagen
soll eher die bei auch anläßlich von Leichenspiele bei Wagenrennen benutzte biga und nicht den nach der römischen
Eroberung nirgends mit Ausnahme der Spiele oder Festzüge mehr üblichen
Streitwagen (cisium, essedum) darstellen, obwohl das
heroische Vorbild nicht auszuschließen ist, um so mehr daß, nach antiker
Überlieferung, der zweirädrige Reisewagen aus den gallisch-britannischer
Streitwagen abgeleitet sei; dagegen, sollten vierrädrige Wagen (raeda, carpentum) für die Umfahrt und, infolgedessen, eventuell, die
Jenseitsreise gedacht gewesen sein67; ausserdem, auch die
Hauptszene der Wandmalerei des thrakischen Fürstengrabes von Kazanlyk
(Bulgarien), das zwischen dem ausgehenden 4. Jh. und dem mittleren 3. Jh.
v.u.Z. datiert wird, in der, neben der thronenden Fürstenpaar Sänger und
Diener vorkommen, die verschiedenen Gegenstände oder den Wagen und die
Reitpferde bringen, wurde als Darstellung sei es einer Hochzeitszene, sei es
des Mahles vor dem Großen Übergang betrachtet68. Die Stadt im
Wagen befahren zu dürfen war in der römischen Gesellschaft, bis in der Mitte
des 2. Jh., selbst für die Frauen der kaiserlichen Familie69, ein
Privileg, was in dem einst keltischen und thrakischen Ländern für die
einheimische Elite erst während des 2. und 3. Jh. wieder möglich war, den in
mythischer Erzählung überlieferten heimischen Brauch70, durch eine
Nachahmung der Bräuchen aus Rom in den Provinzen von neuem aufzunehmen, wobei
man versuchte sogar die Hauptstadt durch Prunk und Pomp zu übertreffen, indem
das gesteigerte Bedürfnis nach Representation in den Provinzstädten vielfach
ein geradezu elementares Bedürfnis der Selbstbestätigung ist71. Der
Klappstuhl war als Beigabe in der vorrömischer Zeit unbekannt und wurde erst
nach dem Kontakt mit den Römer, nach deren Bräuchen, vom römischen Senat den
barbarischen und provinziellen Machtinhaber als insignium dignitatis geschenkt und diesen in Moesia Inferior, im
Norden Pannoniens, Raetia, Germania Inferior und Britannia von deren
Angehörigen ins Grab beigegeben72; wegen der Seltenheit der
Darstellungen von Klappstühlen auf provinziellen Grabsteine und deren
verhältnismäßig spätes häufiges Vorkommen in Noricum wurden diese mit der
Bekleidung von munizipalen Ämter durch Vertreter noblen Familien peregriner
Herkunft nach der Constitutio
Antoniniana (212) in Verbindung gebracht73, was manchmal sein
mag. Der Zusammenhang zwischen Alte, Geschlecht und Würde der Bestattenen mit
Wagen und Klappstuhl ist selten deutlich, was durch den Forschungsstand
bedingt sein soll, aber auch durch die Tatsache, daß so gut wie nie die
Grabbeigaben der aus den Grabsteinen mit entsprechenden Darstellungen
bekannten Leute vorhanden sind und daß die Gräber mit vorhandenen
Grabinventar ebenso selten auch Grabsteine (und noch mit entsprechenden
Darstellungen!) bewahrt haben; ganz selten ist die Kombination zwischen
Wagen- und Pferdezubehör mit Klappstuhl und der beiden mit Waffen und/oder
Trinkhorn zu finden, während vereinzelt sowohl Wagenanteile, wie auch
Klappstuhl in waffenlose Gräber vorkommen, die nicht immer bloß als ohne
spezifischen männlichen Inventar betrachtet werden können, sondern manchmal sogar
als Frauengräber74. Keine Grabsteine, auf
denen sowohl Wagenszenen, wie auch Klappstühlen vorkommen sind aber uns
bekannt; dagegen, nehmen wir an, daß die Grabsteine einiger munerarii mit großer
Wahrscheinlichkeit Gladiatorenkämpfe oder certamina
Graeca zeigen konnten. Der
Brauch, Waffen und Trinkhörner für Kriegsverdienste im Grab beizulegen
erhielt eine tiefere repräsentative Bedeutung: in römerzeitlichen Gräbern
stellt die Beigabe von Waffen keine italische Grabsitte dar, sondern, bei
Mochenwangen, einen landesüblichen keltisch-germanischen Brauch75;
diese Gegenstände werden eher als Statussymbol betrachtet, aber können,
indirekt, auch mit sozialen Jenseitsvorstellungen in Verbindung gebracht
werden. Trotz der bekannten germanischen typologischen Parallelen, waren die
sowohl vornehmlich in Anlagen militärischen Charakters und ländlicher Villen,
wie auch in den Gräbern der nordwestlichen Provinzen vorkommenden Trinkhörner
in Germanien als Votive unbekannt76. Bei Mochenwangen wurden aber
sowohl Waffen, wie auch die Reste eines Trinkhorns gefunden77.
Sowohl auf Weihdenkmäler, wie auch auf
Grabdenkmäler ist aber, in Dakien, das im unteren Teil mit einem
Tierhaupt oder -körper oder sogar mit einem Menschenhaupt beendigten
Trinkhorn (rhyton) dargestellt, auch
wenn, häufig, sein unterer Teil nicht sichtbar ist, indem man ihm in der Hand
hält oder, wie das V. Rusu-Bolindeţ glaubt, weil man ihn nicht
detailliert dargestellt hat78; das Trinkhorn hatte, also, in der
provinzialrömischen Gesellschaft, sowohl eine profane Bedeutung, wie in der
hellenistischen Welt79, wie auch eine sakrale, mit seiner Form,
die ihm eine bösenabwehrende Kraft verleihen soll, verbundene Funktion und
wurde bei mit Opfer, Gußopfer und mit dem Grabkult verbundenen Zeremonien
benutzt80, während bei den Thraker und bei den Skythen die
Funktion des Gefäßes scheint überwiegend religiös gewesen zu sein, in
Zusammenhang mit der Rechtfertigung der Macht, die, laut einiger
Darstellungen aus symbolischen oder mythologischen Szenen, zusammen mit dem
entsprechenden Gefäß von einer Gottheit erhalten wird81, wie es
der Goldring aus dem ausgehenden 5 Jh. v.u.Z. aus einem Hügelgrab aus Brezovo
(Bulgarien)82 und die Ringe von Rosovec (ehem. Rahmanlı,
Bulgarien)83 und Glojene (Bulgarien)84 zeigen, sowie die
verschiedenen Darstellungen aus dem nordthrakischen Milieu, die zwischen der
zweiten Hälfte des 4. Jh. und die zweite Hälfte des 3. Jh. v.u.Z.: auf einer
der silbernen Beinschienen aus dem fürstlichen Grab aus Agighiol (Kr.
Tultscha)85, auf dem goldenen Helm aus Băiceni – Cucuteni
(Kr. Jassy/Iaşi)86 und auf dem silbernen rhyton aus Poroina Mare (Kr. Mechedintz/Mehedinţi)87.
Es ist merkwürdig daß auf den römerzeitlichen Grabdenkmäler aus Dakien, genau
so wie in der vorrömischen Zeit, in den Darstellungen auf der Apparattoreutik88,
die Gestalten nicht anderes tun, als nur solche Gefäße in den Händen zu
halten oder mit ihnen sich zu bewegen, indem die eigentlichen Libationsszenen
fehlen. Obwohl gemeint wird, daß die Herkunft dieses Gefäßes iranisch sei89,
es handelt, aber, eigentlich, um die Übernahme urartischer Vorbilder90,
sowohl von den assyrischen Erobererer, was nicht nur durch schriftlichen
Quellen belegt wird91, sondern auch durch ein im Nordpalästina
entdecktes assyrisches Stück92, wie auch in den alten, luristanischen
und mädo-kymmerischen Kulturen aus dem Nordwesten Irans, wo der sogenannte
"achemenischer Typus" aus dem 7.-5. Jh. v.u.Z. vorkommt93,
der aber in Transkaukasien schon im 8.-7. Jh. v.u.Z. bekannt ist94
und im 5.-4. Jh. v.u.Z. aus Armenien95 bis in Thrakien vorkommt96,
wo über 20 solche Stücke bekannt sind97, einige sogar aus dem 3.
Jh. v.u.Z.98; aus Thrakien verbreitet sich das Gefäß im getischen
Milieu99, wo hellenistische Formen nachgeahmt werden100
und, laut einigen Verfasser, zu den Skythen101, die aber das auch
ducrch die Vermittlung der Kulturen aus dem Kaukas und aus dem Mittleren
Orient kennen, in Formen die manchmal auch von der griechischen Kunst
beeinflußt sind102, obwohl die Griechen diese Gefäße, die sie
offensichtlich als barbarisch wahrgenommen haben, nicht schätzten103,
auch wenn, durch persische Vermittlung, sie im 5. Jh. v.u.Z. auch im
griechischen Milieu bekannt sind104. Im ost- und nordpontischem
Gebiet sind noch im 2. Jh. v.u.Z. die goldenen Beschläge von einem rhyton aus verderbilchem Material105,
vielleicht aus Elfenbein, wie zur selben Zeit bei Mithridathokert (Nisa,
Turkmenistan)106 und im 1. Jh. v.u.Z. – 1. Jh. u.Z. sogar Stücke
aus Edelmetall bekannt107, während in Dakien das rhython, so V. Sîrbu und G. Florea,
nicht mehr zu den Symbolen des Sozialstandes der einheimischen Aristokraten
gezählt wird108; trotzdem, auf dem Fries des Siegesbogen aus
Beneventum werden ein rhyton und
ein anderes Gefäß in der Prozession des dakischen Triumphes von Traianus
vorgeführt109. Rhyta aus
Keramik, von denen angenommen wird, daß sie ebenfalls für rituellen Zwecke
benutzt wurden110, sind aber schon im 4.-3. Jh. v.u.Z. südlich der
Donau und im 2.-1. Jh. v.u.Z. auch nördlich des Flusses hergestellt111.
Der Absatz von rhyta in Gräber ist
durch die Herosierung des Vestorbenen erklärt112. Dieser
Gefäßtypus kommt aber in den römerzeitlichen Funde aus Dakien gar nicht vor,
mit der Ausnahme eines Stückes aus Keramik, vielleicht aus Cristeşti/Maroskeresztúr
(Kr. Mieresch/Mureş/Maros), was zu glauben machte, daß gewöhnlich solche
Gefäße, jetzt, hauptsächlich aus Bein oder Horn113, wahrscheinlich
aber auch aus Holz hergestellt wurden. Auf den Weihdenkmäler aus römischen
Dakien, kommt das rhython in 9
Fälle vor, vor allem in mit dem Kult der Donauländischen Reiter
zusammenhängenden Szenen, in den Händen der Reiter oder ihren Helfersheller
oder auf den mit dem Kult des Liber Pater zusammenhängenden Basreliefs, in
der Hand von Pan114. Bezüglich
der Rinderhörner aus dem Kultgrubenfeld von Biharea/Bihar (Kr.
Bihor/Bihor/Bihar), die in der Grube Nr. 2115 und in der mit
dakischen Scherben gemischten, die Grube Nr. 4 abdeckende Bodenschicht116,
bzw, die 4 Stücke, die an der Mündung der Grube Nr. 7117 gefunden
wurden, wurde die Hypothese geäußert, daß sie einen Grabmahl andeuten sollen118,
aber, unserer Meinung nach, könnten sie, am ehesten, als Trinkhörner bei
irgendeinem rituellen Mahl, nicht unbedingt Grabmahl gedient haben, wie es
auch andere Funde aus dem vorrömischen dakischen Milieu und aus demjenigen
der Freien Daker119 andeuten würden. Merkwürdig ist, daß oberhalb
der Grube Nr. 4 eine Plattform aus gebrannten, porösen, vor dem Brand
ungestampften Lehm gefunden wurde, die voll dakischen Keramikbruchstücke und
Rinderhörner war120; es könnte, unserer Meinung nach, um die
oberhalb der Grube eingerichteten Herde handeln, um die auch, wie es scheint,
traditionsgemäß, der Gedächtnismahl
veranstaltet wurde, wie es die erwähnte Entdeckung der 4 Rinderhörner
oberhalb der Grube Nr. 7 andeutet. Schwieriger ist zu sagen ob, laut der
Entdeckung der Rinderhörner in der Grube Nr. 2, diese Opfer-, bzw. Beigaben
(wie die Fleischopfergaben aus derselben Grube) oder, weniger wahrscheinlich
(laut dem Befunde aus den Gruben Nr. 4 und 7), wenn dieser Mahl schon vor der
Zuschüttung der Grube begann, als ein Kommunionsakt der Teilnehmer zwischen
sich, bzw. mit dem heroisierten Verstorbenen oder mit der Gottheit/Gottheiten
deren Kult mit dem Bestattungsritus, bzw. mit der religiösen Zeremonie für
die die entsprechende Grube ausgehoben wurde. Unserer Meinung nach, handelt
es bei Biharea, laut der Ergebnisse der dem V. Sîrbu verdankten Analyse121,
um in einer heiligen Umhegung durchgeführten Zeremonien, auch wenn, im jetzigen
Stand der Forschungen, ist schwieriger zu sagen wem eigentlich diese
Zeremonien, die Menschen- und Tieropfer, sowie aus Lebensmittel und anderen
Güter etc., einschließen gewidmet wurden, bzw. einigen Gottheiten, Helden
oder Geister122. Indem viele der "Grubenfelder" mit
menschlichen Knochen im 1. Jh. v.u.Z. - 1. Jh. u.Z. datiert werden, schließt
S. Dumitraşcu die Möglichkeit nicht aus, daß auch derjenige aus Biharea,
der ursprünglich im 2.-3. Jh. eingestuft wurde, schon im 1. Jh. u.Z. zu
beginnen123; später aber, entschloß er sich für eine Datierung im
2. Jh. und in der ersten Hälfte des 3. Jh.124, während V. Sîrbu,
dem diese Meinung unbekannt war, für den 1.-2. Jh125. Die
Denkmäler mit rhyton- Darstellungen
stammen aus 8 Orte aus dem Territorium der Provinz: aus Julmarkt und Ulpia
Traiana Sarmizegetusa (je 3 Stücke), aus Apulum, Wetsch/Brâncoveneşti
(ehem. Ieciu)/Marosvécs (Kr. Mieresch) und Potaissa (je 2
Stücke), aus Drobeta, Tibiscum und aus einem unbekannten Ort aus Dacia
Superior (je 1 Stuck)126. Laut V. Rusu-Bolindeţ, kommt das
Trinkhorn auf 6 Grabdenkmäler aus der Provinz Dakien vor, nur bei, Wetsch
Brâncoveneşti (2 Fälle127), Gilău (3 Fälle128,
darunter, auf einer Grabstele129, 4 solche Gefäße!) und Potaissa
(1 Fall130), auf Mahlszenen, wo die Anzahl der dargestellten
Gefäße variiert von 1-4 Stücke131 und sie sind, in 5 Fälle, von
Frauen gehalten132 und nur in einem einzigen Fall von einem Mann133,
Behauptungen die eine Überprüfung benötigen, weil auf den 2 Grabdenkmäler aus
dem Gräberfled der Siedlung des Kastells von Wetsch (jud. Mureş), pe
care este reprezentat acest tip de vas 134, wo dieses Gefäß
dargestellt ist, diejenigen die es benutzen sind Männer135. Auf
einer dieser Denkmäler136 kommt sogar das Gruppenporträt einer
Familie, das aber nicht, wie bei D. Protase und A. Zrínyi137,
als eine vereinfachte Form pannonisches Typus des Mahls (Typus IV von Mahlszenen,
laut L. Ţeposu-Marinescu138) betrachtet werden soll, weil
diese Szene, aus ikonographischer Hinsicht, nicht den Charakteristika dieser
Szenen (camillus und camilla beiderseitig der mensa tripes) entspricht139.
Man bemerkt daß diese Gefäße häufiger in den Städte und auf Grabdenkmäler
ausschließlich in Militärzentren vorkommen, aber vor allem dort wo
Hilfstruppen stationiert waren: bei Julmarkt stand die Cohors I Pannoniorum
und später die Ala Siliana c. R., beide aus Pannonien versetzt140
und bei Wetsch (Kr. Mieresch) befand sich die Ala Numeri Illyricorum141,
während Potaissa der Sitz der Legio V Macedonica war. Die Laternen (lanternae) und die Waffen kommen im
Inventar reicher Gräber vor, wie es Grabfunde aus dem 1.-3. Jh. aus Moesia
Inferior und anderen Balkanprovinzen beweisen, darunter auch diejenige aus
Čatalka und aus Tomis142, die aber, laut R. Ambs und A.
Faber, meistens zum Grabinventar reicher Landbesitzer gehören sollen, die dem
römischen Heer behilflich waren143. Auf die Grabstele des Sextus
Acurius Dexter aus Ajka (Ungarn), die in der ersten Hälfte des 3. Jh. datiert
wird, ist ein zwischen Nadelbäume stehender, gepanzerter144 (?)
Mann mit einem Beil in der Rechten und mit einem Eimer in der linken Hand,
neben einen Altar und Grablampen (eher Windleuchter!) und einem
zurückblickenden Hirsch dargestellt145; obwohl er als Silvanus
gedeutet wurde146, wegen diese für den erwähnten Gott nicht
übliche Darstellungsweise, sind wir der Meinung, daß es um einen Harzsammler
handeln könnte, der im Wald auch Fallen für Vögeln oder Edelpelztiere
aufgestellt haben konnte, falls die als Lanternen gedeuteten Gegenstände
tatsächlich Fallen oder Käfige sind. Die Beigabe von Jagdwaffen, wie bei
Nersingen-Unterfahlheim, ein Brauch vermutlich keltischer Herkunft, wurde
während der Kaiserzeit in der früh romanisierten Gebiete Norditaliens und
Galliens weitergeübt147. Gewiß,
können also, laut den erwähnten Beispiele, die Gladiatoren-, bzw.
Ringkämpferdarstellungen sowohl mit Wagenszenen, wie auch mit bewaffneten
Leute (Jäger/Landbesitzer, Militär) oder sogar mit beiden vorkommen, nur ist
uns die Kombination zwischen Wagenszene, bewaffnete Leute und Leute, die
Trinkhörner anbieten oder aus Trinkhörner trinken unbekannt. Die Darstellungen von
bewaffneten Fuhrleute sind in den balkanischen und Donauprovinzen nicht
unbekannt. Auf einem an der Wende vom 1. zum 2. Jh. datiertem
Familiengrabsteinfragment aus Sopianae (Pécs, Ungarn) ist ein Mann mit einem
reich verzierten Dolch in der erhobenen Rechten und mit einer Peitsche in der
linken Hand zu sehen148; in diesem Fall, es könnte aber, unserer
Meinung nach, auch um einen Wagenlenker handeln. Auf der erwähnten Grabstele
aus Teteven ist im oberen Bildfeld ein Mann dargestellt, der mit einem
Schwert bewaffnet ist und einen Halsreif (torques)
an dem Hals trägt149; die Darstellung deutet das Weinhandel,
vielleicht in Zusammenhang mit den Weinlieferungen für die Armee, falls der
Mann ein frumentarius war. Auf dem
in 1.-2. Jh. datierten und bei Gerasdorf am Steinfeld (Österreich) gefundenen
Grabstein des einheimischen Freigeborenen Sintillius ist das Gespann eines
Wagens von einem Diener zu Fuß geführt; unterhalb der Inschrift ist,
merkwürdigerweise, die notwendige Requisit eines Reisenden jener Zeiten
dargestellt: eine langstielige Hacke, ein Speer und möglicherweise ein Beutel
und eine Flasche150. Sowohl der für die Durchführung einer von den
Bauern geleistete Fronarbeit (angaria)
zuständige Legionär C. Attius Exoratus151, wie auch Uibios
Seueros, speklator pontikos, auf
dessen im 2.-3. Jh. datierten und unvollständig erhaltenen Grabstele aus
Tomis ein vierrädriger Wagen noch zu sehen ist152 gehörten dem
Militär und die Grabsteine der beiden erklären andere Aspekte der Beziehung
zwischen Waffenträger und Wagenszenen. Auch Darstellungen von Reiter, die
vierrädige Wagen begleiten, sind aber bekannt: es handelt um den erwähnten
männlichen Begleitssklaven der Reisenden, die auch als Pferdeknechte und/oder
Leibwächter gebraucht werden konnten, die, mit der Ausnahme des schon erwähnten Relief aus Šapla-Dere oder Dede
Agac153, bei Intercisa (Dunaújváros/Sztálinváros/Dunapentele,
Ungarn)154, neben Flachwagen dargestellt sind. Es
bleibt doch unklar warum in den balkanischen und Donauprovinzen die
Wagenszenen vor allem im ungarischen Teil Pannoniens vorkommen, sowie deren
Zusammenhang mit den Wagengräber einheimischer Tradition, die mit der
Ausnahme einiger Entdeckungen aus dem Süden der Provinz und einiger
Streufunde aus ihrem Westen, so gut wie ausschließlich im nordöstlichen, von
den Eravisker bewohnten Territorium bekannt sind, wo auch Hügelgräber
vorkommen, die überaus häufig im westlichen Teil der Provinz sind, im
Unterschied zu den östlichen, wo sie nur an einigen Stellen vorkommen und vor
allem den Vertreter der Stammesaristokratie zugeschrieben sind; deswegen, es
wurde schon früher behauptet, daß es einen territorialen und ethnischen
Zusammenhang zwischen den Hügelgräber und den Wagenbestattungen gibt, eine
Tatsache, die sowohl durch das zur Zeit Trajans, bzw. am Anfang der
Herrschaft Hadrians datierten Hügelgrab mit Wagenbestattung aus Inota
(Ungarn), wie auch durch die Darstellung einer Wagenszene und eines
Hügelgrabes auf der im ersten Drittel des 2. Jh. datierten Grabstele einer
einheimischen Familie aus Solymár (Ungarn)155 bestätigt wird.
Die Wagenszenen kommen in ihrer großen Mehrheit ebenfalls im nordöstlichen,
von den Eravisker bewohnten Gebiet vor und nur in kleiner Anzahl im
nordwestlichen, wo die Bojer wohnten156. Das vergleichende Studium
des in den Wagenbestattungen entdeckten Schmuckes mit der auf den
Grabdenkmäler mit Wagenszenen dargestellten eraviskischen Tracht deutet an,
daß es, tatsächlich, um dieselbe Bevölkerung handelt157, indem
aber bemerkt wurde, daß die Wagenszenen schon im ausgehenden 1. Jh., auf den
frühen eraviskischen Grabdenkmäler vorkommen, während die Wagenbestattungen
bei den Eravisker erst im 2. Jh. vorkommen und eine Blütezeit erst um die
Mitte des 2. Jh. kennen158. Andererseits, die Anhäufung dieser
Szenen auf Grabdenkmäler gerade am östlichen limes, bei Ulcisa castra (Szentendre, Ungarn), wo es im 1. Jh.
v.u.Z. eine keltisch-dakische Siedlung gab, deren Leben auch während der
Römerzeit fortdauert159 und Intercisa könnte andeuten, daß sie
auch mit den auch anderswo gut belegten Militärlieferungen160,
vielleicht aber auch mit dem regen, manchmal ungesetzlichen Handel mit den
Barbaren zusammenhängen161, der durch 3 Inschriften mit ähnlichen
Inhalt (ripam omnem burgis a solo
extructis item praesidiis per loca oportuna ad clandestinos latrunculorum
transitus oppositis munavit) aus dem Jahre 184 aus Intercisa (2 Stücke)162
und Aquincum belegt ist163; andernfalls, wurde bemerkt, daß das
Behalten der Zollstelle von Partiscum (Szeged, Ungarn) kann durch dieses
erklärt werden, daß der Landweg, der Dakien und Pannonien durch das
Territorium der Jazygen verband den Zoll auf der Donau für die aus Dakien
gebrachten und weiter auf dem Weg nach Lugio (Dunaszekcsö, Ungarn)164
oder nach Acumincum (Slankamen, Jugoslawien)165 unwirksam machte.
Diese Tatsachen erklären aber die Wichtigkeit der Waffen für die Fuhrleute
sehr gut; das heißt, die Waffen haben nicht nur eine repräsentative
Bedeutung, als Statussymbol, sondern auch eine praktische, sowohl in der
Daseits, wie auch, wahrscheinlich, in der Jenseits. Andererseits, die Verspätung
mit der im eraviskischen Milieu die Wagenbestattungen in Vergleich zu den
Szenen dieser Art auf den Grabdenkmäler aus demselben Milieu vorkommen und
zur Blüte gelingen, könnte andeuten daß die ersten dieser Szenen in
Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Tätigkeiten ihrer Besteller, die
Vertreter der einheimischen Elite, entstanden sind, während die Wagenbestattungen, tatsächlich, wie
das suggeriert wurde, durch die Integration dieser Individuen in der die
Lebensweise der Elten aus Rom nachahmende Munizipalaristokratie der Provinz
erklärt werden könnte166, was nicht unbedingt zu einer
Romanisierung im Sinne des Verlustes der eigenen Bräuchen und der damit
verbundenen ethnokulturellen Identität geführt hat, sondern, dagegen, erst
jetzt den einheimischen Eliten die alte, in den mythischen Traditionen
behaltenen Brauche wiederaufzunehmen ermäglicht hat167, eine
Tatsache, die, sicher, eine neue Deutung der Wagenszene zufügte; die
symbolische Deutung der Jenseitsfahrt kommt mit Sicherheit erst jetzt in
Frage, wie das die Darstellung des Hügelgrabes in der Wagenszene auf der
Grabstele aus Solymár belegt168, neben eine andere
Thema, nämlich diejenige der Fortsetzung im nächsten Leben des in der Daseits
geführten Lebens für diejenigen, die in Handels- und Fuhrtätigkeiten betätigt
waren. Unklar
ist, sehr oft, warum die Wagenszenen auf Frauengrabstelen so beliebt sind;
die Erklärung, laut der, sie stellen die Szene der Brautfahrt169,
aber vor allem, die Beschäftigung ihrer Ehegatten dar, trifft nicht immer. Es
handelt um für Frauen errichtete Grabstelen170 oder um für Frauen
errichtete Grabstelen, auf denen nur das Bildnis der Verstorbenen vorkommt171
oder für ledige oder verwitwete Frauen (?), indem das Grabdenkmal von einem
Freund172, bzw. vom Sohn173 errichtet wurde. Auf
anderen Grabdenkmäler mit Wagenszenen aber, im Fahrzeug sitzen, außer dem
Kutscher und, manchmal, der Dienerin, eine174 oder zwei Frauen175,
während auf vielen Grabdenkmäler, die Reisenden sind, tatsächlich, die beide
Eheleute176. Das heißt, die Wagenszenen können auch nur auf den
Frauen selbst bezogen sein, sei es sie eine weltliche (eigene Beschäftigung
der Frauen, deren Wohlstandsquelle die Handels- und Fuhrtätigkeiten waren
oder Beschäftigung des Mannes, Sinnbild des auch den cursus vitae einschliessenden sozialen Status oder, genauer, des
mit diesem Status verbundenen Privileg177 etc.) oder eine
symbolische Deutung (die Jenseitsfahrt, mit allen für diese Auslegung
forderlichen Vorbehalte) haben. Nur einmal kommt aber, unseren Kenntnisse
nach, in den balkanischen und Donauprovinzen, auf Grabdenkmäler mit
Wagenszenen ein auf einer weiblichen Beschäftigung, nämlich das Spinnen,
bezogene Attribut vor: auf der bei Gorsium für Flavia Usaiu errichtete
Grabstele, oberhalb einer Wagenszene, ist die Verstorbene in einheimischer
Tracht spinnend dargestellt178. Die Spinnrocken und Kunkeln sind
als typische Frauenbeigabe in reichen Gräber der ganzen römischer Welt
betrachtet179; häufig wird die vornehme Frau auf Grabdenkmäler aus
Pannonien 180, aber auch, obwohl seltener, aus Moesia Inferior180,
Dalmatien181 und Palmyra182 oder in den nordwestlichen
Provinzen, spinnend dargestellt, während in Dakien die einzige als spinnende
Frau dargestellte Person scheint eher eine auch für die Kinderbetreuung
zuständige Dienerin zu sein183. Doch,
weil in Dakien nur einzelne, manchmal sogar unvollständige Ädikulawände mit
Amphitheaterspiele bekannt sind, kann weder belegt, noch ausgeschlossen
werden, daß diese typische Art der Selbstdarstellung der vornehmen Frauen auf
solchen Bruchstücke, höchstwahrscheinlich einiger Familiengrabdenkmäler in
diesem Zusammenhang vorkommen kann; die einfache mathematische
Wahrscheinlichkeit beider Hypothesen ist gleich, obwohl die zweite deutlich
größer, sogar der Sicherheit sehr nahe wird, wenn wir die gesamten
Kombinationen der Darstellungen von spinnenden Frauen und von Wagenszenen und
Reiterdarstellungen in Betracht nehmen. In der provinzialrömischen
Gesellschaft, neuartige Bildprogramme vergegenwärtigen die mythische
Geschehen und ließen göttliche Allmacht in anthropomorpher Gestalt
erscheinen, aber die Jenseitsvorstellungen werden noch immer in
altüberlieferten Bestattungsriten ausgedruckt; so daß wer Ansehen genoß, auch
weil die Geschichte seiner Ahnen sich in mythischer Vergangenheit verlor,
legte Wert auf Grabbeigaben, die über Lebensform und Amt sichtbar
unterrichteten184 und, nicht weniger, auf der Darstellung der
Sinnbilder des sozialen Status auf den Grabdenkmäler, wie etwa das Privileg
die Stadt mit einem Gespann zu befahren, durch das bestrebt wird, die ganze
eigene Familie in ihrer sozialen Rangstellung deutlich über andere in der memoria aeterna der Mitbürger zu
stellen185. Das erklärt, unserer Meinung nach, sowohl die Aufnahme
des fremden faltbaren Sessels zwischen den traditionellen insignia dignitatis, wie auch das
Vorkommen von solchen Gegenstände und Wagendarstellungen auch in
Frauengräber, bzw. auf Frauengrabdenkmäler, wobei sie sich auch auf dem
Status der Ahnen oder des Ehemannes beziehen können. Auf dieser Weise, Sage
und Mythos stärkten als Mittel des historischen Erinnern das Selbstwertgefühl
elitärer Gruppen und festigten über alle politischen Verwerfungen hinweg die
Identität des Volkes, das in ihnen ihren Schutzherren sah186; die
repräsentativen Beigaben hatten den Sinn, diesen Bild sowohl für Daseits, wie
auch für Jenseits zu bewahren. Infolge dessen, in welcher
Maß im Fall des Grabdenkmals aus dem Brukenthal- Museum kann oder nicht der
zweirädriger Wagen mit der Jenseitsfahrt in Verbindung gebracht werden,
bleibt fraglich. Mit Sicherheit aber bleibt er mit einem gewissen Status
verbunden, als dessen Sinnbild er betrachtet wird, obwohl schwieriger ist
genau zu sagen mit welchem. Es scheint nicht unwahrscheinlich, letztens, daß
er mit der Zugehörigkeit zum ordo
decurionum in Zusammenhang sei, die auch die Übernahme einiger
repräsentativen Auslagen, darunter auch die Veranstaltung von munera, voraussetzte. Als kultureller
Einfluß, sowohl für das Denkmal aus dem Brukenthal- Museum, wie auch für
diejenige aus Armenierstadt, die mit der Anwesenheit der Hilfstruppe Ala II
Gallorum et Pannoniorum im Lager von hier verbunden sind187, soll
mit dem keltisch-römischen aus Pannonien gerechnet werden. In Pannonien, auf dem im
1. Jh. datierten Grabstein aus Walbersdorf (Österreich) des Ti. Iulius Rufus,
ein berittener Bogenschützer aus der Ala Scubulorum, der einen Feind
bekämpfend im oberen Feld zu sehen ist, sind im unteren Teil zwei miteinander
kämpfende schwerbewaffnete Gladiatoren mit Helm und Nackenschutz dargestellt,
die sich mit Schwert und rundem Schild verteidigen; rechts steht der
Schiedsrichter mit erhobenen Rechten und zwischen den Gladiatoren eine
halbnackte Frau mit fliegenden Haaren, vermutlich Eris, die Göttin der
Zwietracht und des Streites188 oder Nemesis, die Göttin der Rache
und des abwechselnden Schicksals; die Intervention der Göttin in den
Gelegenheiten der Gladiatoren ist auch in Noricum bekannt, wo die Göttin
einen Kranz auf dem Haupt eines Gladiators setzt, hinter dem, auf einem
Sockel, ein Helm und ein Dreizack zu sehen ist189. Wie die
Gladiatorenbilder auf den erwähnten Ädikulawände aus Siebenbürgen, hat auch
diese Darstellung einem doppelten Charakter, sowohl einen realistischen, wie
auch einen symbolischen, der mit dem menschlichen Dasein, aber auch mit
Totenspiele in Verbindung gebracht werden kann, was schwer zu annehmen macht,
daß es in diesem Fall mit Sicherheit um einen munerarius handelt, weil es nicht zu übersehen ist, daß es die
theoretische Möglichkeit gibt, daß gladiatorium
munera, die ohnehin ein beliebtes Ziermuster waren190, auch
auf den Grabdenkmäler von Emporkömmlinge wie C. Pompeius Trimalchio
Maecenatianus191, sevir
augustalis in Abwesenheit192, die, ungebildet und mit einem
offenbaren schlechten Geschmack, die Lebensweise der reichen Evergeten aus
Vorderasien nachahmten, dargestellt werden konnten193. Jedenfalls,
durch dieses einzige uns bekanntes Beispiel eines beschrifteten Grabsteins
mit der Darstellung eines Gladiatorenkampfes aus den balkanischen und
Donauprovinzen, kann festgestellt werden, daß solche individuelle
Grabdenkmäler bei kampflustigen Männer beliebt waren; ob diese Hypothese auch
für andere Grabdenkmäler mit solchen Darstellungen gilt, bleibt zu
überprüfen, trotz unserem Gefühl daß es so wäre. Aufgrund der Beobachtungen
von L. Robert bezüglich der Ikonographie der Gladiatorendarstellungen194
und wegen der im unteren Teil dargestellten Kampfszene, ein
Grabdenkmal eines munerarius kann
die Grabstele der Familie des Teimokrates aus Nikomedeia sein, der auch Der Tomitaner genannt war, aus dem
Römerstamm, der Sohn des Alexandros, die im ausgehenden 2. Jh., aber nicht
später als die Herrschaft Caracallas datiert wird; sein Sohn, Ulpius
Martinus, aus demselben Römerstamm, ist einer der "zugeteilten (?)
Wohltäter der Stadt" (philoteimon
ebtomon poleos)195. Wie auch im Fall dieser
Beispiele, die Darstellung eines Kampfes aus der Arena auf den Grabdenkmäler
aus Dakien könnte ein Ausdruck des Interessen sein, von dem sich auch in
dieser Provinz die Gladiatorenkämpfe erfreut haben196, genau so wie
in anderen Gebiete des Römischen Reiches, einschließlich im
griechischsprächigen Orient197. Deswegen, die Darstellung eines certamen Graecum auf der Ädikulawand
aus der Sammlung der Lucian Blaga- Universität aus Hermannstadt ist nicht
anderstwas als der Korrespondent solcher Szenen mit Gladiatorenkämpfe: ein
Beweis der Erschätzung der athletischen Wettbewerbe griechischer Tradition in
gewisse Milieus der balkanischen und Donauprovinzen und, gleichzeitig, eine
Wiederspiegelung der Weise, in der im griechischsprächigen Orient, die Leute
sich auf der eigenen Tradition der gymnischen Spiele beziehend, "die
Römerspiele" (ta Romaion âthla)
wahrgenommen haben198. Der berittene Jäger stellt, eher, unserer
Meinung nach, den Verstorbenen dar, der mit Freude eine für einen
wohlhabenden Mann spezifischen Freizeitbetätigung ausübt, indem der Krieg und
die Jagd die bevorzügten Beschäftigungen der Aristokratie waren199;
anderseits, es soll nicht übersehen werden, daß die Jagd, einschließlich im
thrakish-getisch-dakischen Milieu, als eine tugendhafte und, gleichzeitig,
heilige Übung betrachtet wurde, die die himmlische Unsterblichkeit sichern
soll200. Obwohl sich die Meinung eingebürgert hat, daß der einen
Eber verfolgende berittene Jäger, vor allem in Thrakien, den Heros darstellt201,
haben wir keinen Grund zu glauben, daß im Fall dieses Denkmales, trotz
einiger Ähnlichkeiten, es um den Thrakischen Reiter handelt, der rettende
Heros, der die Seelen der Verstorbenen in der Ewigen Welt führt202,
wie es bezüglich des auf einigen Grabstelen aus Moesia Inferior oder Thrakien
behauptet wird203, weil
ein der für die Darstellungen mit dem Bild des Thrakischen Reiters
spezifischen Elementen fehlt, nämlich der (Orangen)Baum, auf dessen Stamm und
Zweige die Schlange gewunden ist, die der Reiter zu töten dabei ist204.
Wie es auch Z. Gočeva festgestellt hat, kann unter dem Einfluß des
lokalen heroischen Kultes einen Zusammenhang zwischen den Szenen mit Reiter
oder berittenen Jäger aus Moesia Inferior und der Heroisierung des Verstorbenen,
darunter einige sogar mit thrakischen Namen, doch angenommen werden, auch
wenn die angeführte Verfasserin bemerkt hat, daß die Darstellung dieser Art
von den rituellen Bilder unterschiedlich sind205. Ausserdem, sich
auf die Szenen mit marschierenden Reiter oder die den Feind mit dem Speer
durchstechen beziehend, behauptet L. Ţeposu-Marinescu daß sie als
Anspiele an der Laufbahn des Verstorbenen und und nicht unbedingt mit seiner
Heroisierung als Thrakischer Reiter206 oder, eventuell, würden wir
sagen, als einer der Donauländischer Reiter zu betrachten sind, während D. M.
Pippidi auch der Meinung ist, daß das Reitersbild auf den Grabdenkmäler aus
dem dobrudschanischen Teil der Moesia Inferior nicht soviel den Reitergott,
sondern den jungen Reiter selbst darstellt, der nach dem Tode zum göttlichen
Stand erhoben wurde207, wie, in der ersten Hälfte des 4. Jh.
v.u.Z., auf einer der Beschläge des Hortes von Letnica (Bulgarien)208.
Im Fall des hier besprochenen Denkmals, handelt es um einen nach links
reitenden Mann, der mit tunica manicata
und Mantel bekleidet ist, mit der Linken die Zügeln des Pferdes haltend
und mit einer Peitsche mit langem Riemen in der Rechten, die seltener in der
Ausrüstung der Reiter vorkommt und die von der manchmal in deren Ausrüstung üblichen
Reitereipeitsche unterschiedlich ist; hinter diesem sind zwei Speeren zu
sehen, die gewöhnliche Bewaffnung der Thraker, wenn man Rücksicht nimmt, wie
die thrakische Göttin Bendis, die, sonst, in einer von seinen Komödien,
Kratinos sie "die zweispeerige" nennt, auf einem keramischen
Bruchstück aus Lemnos, auf zwei Reliefs aus Attika, die später als die
Einführung ihres Kultes in Athen in 492 v.u.Z. sind und auf den Münzen des
bithynischen Königs Nykomedes I, im 3. Jh. v.u.Z.209 und wie die Thraker selbst auf den
griechischen Gefäße aus dem 5. Jh. v.u.Z.210 oder auf den Münzen des thrakischen
Stammes der Bisalten211 dargestellt sind, die aber in der zweiten
Hälfte des 2. Jh. v.u.Z. und bis im mittleren 1. Jh. v.u.Z. auch in der
Bewaffnung der skordiskischen, triballischen, moesischen und dakischen
Krieger der Gruppe Padea – Panagûrskij Kolonii übernommen wird212
und, später, sogar in derjenigen der Legionäre und des Fußvokes und der
Reiter aus einigen Infanterie- Hilfstruppen, die aus Peregriner unterschiedlicher
Volksgruppen rekrutiert wurden und sich in den Donauprovinzen befanden. Mit
zwei Speere bewaffnet ist, im 2. Jh., auf einer Grabstele aus Tatabánya
(Ungarn), M. Aurelius Avitianus, miles
in der Legio I Adiutrix dargestellt213 und bei Intercisa, einer
der Soldaten auf dem Sarkophag des M. Aurelius Deisa…, ehemaliger stator tribuni in der Cohors I
milliaria Hemesenorum214, ein Denkmal das, nach dem von ihm
getragenen Ringenschnallecingulum,
im 3. Jh. datiert werden kann215. Beritten und mit einer solchen
Bewaffnung ist, zum Beispiel, Ti. Claudius Attucius, Veteran aus der Cohors I
Noricorum, auf einer Grabstele aus der Mitte des 1. Jh. u.Z. dargestellt, die
bei St. Veit an der Glan (Österreich) entdeckt wurde216 oder, auf der bekannten Grabstele, die bei
Grammeni (Griechenland) entdeckt wurde, der centurio Ti. Claudius Maximus aus der Ala II Pannoniorum, der
Traianus den Kopf von Decebalus gebracht hat217. Auf der
Wandmalerei eines spätrömischen Grabes aus Durostorum218 ist ein
Jäger dargestellt, der im Schilf auf der Lauer ist, ohne daß es sicher sei,
ob er mit zwei Speere oder, als, Hetzer, mit zwei Stäbe bewaffnet ist. Auf
der Ädikulawand aus Klein-Enyed ist unter dem Pferde ein erlegtes Tier, mit
für einen lebendigen Vierfüßler ungewöhnlich gekrümmten Beine zu sehen; der
Körperform nach, handelt es eher um den erlegten Eber, als um einem vom Wilde
getöteten Hund, der auf diesem mit der Peitsche zugetrieben wurden konnte (Abb. 3, 5). In der Ausrüstung der
Reiter ist uns in den Donauprovinzen die Peitsche auf der am Anfang des 2.
Jh. datierten Grabstele aus Zalavár (Ungarn) des Legionveteranen C. Iulius
Severinus bekannt, wo ein calo mit
Lanze, Helm und verziertem Schild das Pferd eines Reiters führt, der in
seiner Rechten eine Peitsche hält219, sowie auf dem im 1. Jh.
datierten Grabstein aus Sommerein (Österreich) des Ianuarius, Sohn des
Matullus, wo der calo vermutlich
eine Peitsche hält220. In Dakien, ein Reiter mit der Peitsche in
der Hand, sehr ähnlich als Darstellungsweise mit demjenigen auf der
Ädikulawand aus Klein-Enyed, kommt auf einem Bruchstück einer Ädikulawand aus
Mărtineşti/Pusztaszentmárton (ehem. Sânmartinu Deşert, Kr.
Klausenburg) vor, die jetzt leider verschollen ist und nur aus einer von
Téglás I. (1853-1915) gemachten Zeichnung bekannt ist221. Es ist
aber schwer zu sagen, ob diese seltsame siebenbürgische Darstellung eines
vermutlichen Landbesitzers als berittener Jäger dem Einfluß der
westpannonischen Modellen zu verdanken sei. Der Jäger, der mit der Lanze ein
Tier erlegt war, schon seit der Zeit Alexanders des Grossen, ein beliebtes
Motiv, vor allem auf Sarkophage222, aber zwischen dieser
Darstellungsweise auf dieser Ädikulawand aus Klein-Enyed und diesem
ikonographischen Typus gibt es, offensichtlich, nur eine sehr ferne
Beziehung. Die Ädikulawand aus Klein-Enyed scheint, eher, eine
Zwischenvariante zwischen den Modellen aus Moesia Inferior, die sicher von
der Ikonographie des Thrakischen Reiters beeinflußt sind und denjenigen aus
Pannonien, die in einem größeren Maß vom alten Modell aus der Zeit Alexander
des Großen abzuleiten sind zu sein; andererseits, kann die Kontamination mit
den Darstellungen von marschierenden Reiter nicht ausgeschlossen werden. Unsere
wahrscheinlichkeitskundliche kombinatorielle Untersuchung der Grabsteine mit
Gladiatorenkämpfe, bzw. mit Darstellungen von certamina Graeca aus den balkanischen und Donauprovinzen deutet
auf dieser Weise die Zugehörigkeit der Verstorbenen, denen sie zugehörten, zu
den provinziellen Eliten, zu einem aktiven Abschnitt der wohlhabenden
Bevölkerung (Militär, Händler, Grundbesitzer) an, die sich durch eine gewisse
Vorliebe für Bewegung, Kraft und Gewalt auszeichnete und deren
Jenseitsvorstellungen mit Sicherheit von dem diesseitiger Lebensweise
beeinflußt waren. Die Mahlszene im unteren Bildfeld des
Denkmals, mit einem Kind, einer Frau und einem Mann, die auf einer kliné liegen, ist in
den balkanischen und Donauprovinzen wohlbekannt; neben dieser Szene kann
noch, obwohl sehr schwach, die Schnauze eines Tieres gesehen werden, dessen
Körper nicht mehr erhalten geblieben ist, weil das untere Teil bei der
Bergung des Steines nicht mehr vorhanden war. Es könnte um den Jagdhund
handeln, der vielleicht von einem Sklave an der Leine geführt werden soll.
Die seltsame Verbindung einer solchen Darstellung mit der Mahlszene, die pars pro toto durch eine mensa tripes angedeutet wird, ist uns
noch auf einigen Grabdenkmäler aus Pannonien bekannt: so, auf dem
reliefverzierten Sockelstein eines Grabdenkmals aus Wolfau (Österreich), eine
falsch, unserer Meinung nach, für eine Frau gehaltene Person, die an der
Leine einen Hund führt, kommt neben einer mensa
tripes vor223, während bei Ulcisa castra auf einer Mahlszene,
auf der Grabstele des Sohnes des Flao, ein Mundschenk neben einen Hund
dargestellt ist224. Im mittleren dieses
Denkmals aus Klein-Enyed handelt es aber auch um einer anderen, seltenen
Szene, nämlich die Totenklage, wo die Familienmitglieder um den auf
einer kliné
liegenden Verstorbener dargestellt sind, dessen linke Hand auf der Brust
ruht. An den Enden des Bettes sind die auf Sockeln stehenden Gestalten, eher
zwei Klageweiber als camillus und camilla. Unter den Familienmitglieder
des Verstorbenen, die mit torques
an dem Hals geschmückten Männer, machen mit den zur Brust gehobenen Hände
eine Verzweiflungsgeste, während die Frauen verschleierten Haupte haben. Die
auf der kliné liegende
Verstorbene ist auf einer Grabstele aus dem ehemaligen osmanischen Sandschak
Berat, in Albanien bekannt, nämlich auf der als Träger eines Bogens im
Kloster Ardenica dienenden Grabstele der 10jährigen Anthos225. Die
meistens auf Grabdenkmäler aus den westlichen Provinzen des Römischen Reiches
bekannten Klageweiber kommen in den balkanischen und Donauprovinzen vor allem
in Dakien vor, nämlich bei Napoca, auf einem im 2.-3. Jh. datierten Grabdenkmal226
auf dem Bruchstück einer Grabstele aus dem 2. Jh. aus Cristeşti227
und, ebenfalls im 2. Jh., auf einer bei Apulum für eine in
norisch-pannonischer Tracht dargestellten Frau, Ulpia Maxsimilla (sic!)
errichteten Grabstele228. Dieser Gruppe kommt noch die Darstellung
eines Klageweibes hinter einem von einem Hund begleiteten berittenen Jäger
zu, auf der Wand einer aedicula aus
Cristeşti, die von der zweiten Hälfte des 2. Jh. und bis im beginnenden
3. Jh. datiert wird229. Die Klageweiber können sei es Sklavinnen
des Verstorbenen sein (wie wir glauben, daß es bei diesem Grabdenkmal aus
Klein-Enyed handelt, indem sie an den Enden des Bettes dargestellt sind, dort
wo in den Mahlszenen gewöhnlich die bevorzugten Haussklaven, der Mundschenk
und die Zofe dargestellt werden!), sei es angestellten Frauen, die die Taten
des Verstorbenen priesen und den Schmerz des tragischen Abschiedes
ausdrucken. Aufgrund
einiger stilistischen Paralellen (die Stilisierung der Physiognomie der
Gestalten, die Behandlung des anatomischen Körperbaus, die Darstellungsweise
des Pferdes) mit der erwähnten Ädikulawand aus dem Brukenthal- Museum zu
Hermannstadt230, glauben wir daß auch das mit diesem Anlaß
besprochene Stück ebenfalls von der zweiten Hälfte des 2. Jh. und bis am
Anfang des 3. Jh. datiert werden kann und soll, von der Ähnlichkeit mit
einigen Skulpturdenkmäler aus Wetsch her231, eventuell, derselben,
eher einer ländlichen, als einer apulenser Werkstatt zugeschrieben werden; es
könnte, sehr wahrscheinlich, um diejenige aus Cristeşti handeln, die
auch durch die Darstellung der Klagenweiber angedeutet wird und die näher
liegt. Auf
der anderen Ädikulawand, die nackte Gestalt, die oberhalb des Hauptes ein
Reh- oder Hirschbock hält, ist männliches Geschlechtes, so wie das einige
Elemente der Körpergestaltung (die Brust- und Bauchmuskulatur, die schwachen
Spuren des Bartes und der Genitalien und, einigermaßen, auch die Proportionen
des recht massiven Körpers) andeuten. Unserer Meinung nach, diese Gestalt
stellt Herakles/Hercules dar, der, nachdem er die der Artemis geweihten
Hirschkuh mit goldenen Hörner und ehernen Hufen aus Keryneia, die er ein
ganzes Jahr bis im Land der Hyperboräer verfolgte, durchbohren und gefangen
hat, sie nach Mykene, laut dem Befehl des Königs Euristheos, aber trotz der
Wille Apollos und der Artemis bringt232; es ist war, der auf
diesem Denkmal abgebildeten Gestalt fehlen die für Herakles/Hercules
spezifischen Attribute, nämlich die Haut des Löwen aus Nemea (exuvia leonis) und die Keule (clava) und selbst diese Thema ist
selten unter den Darstellungen dieses Helden in Dakien, wo sie nur einmal,
auf einem aus Ulpia Traiana Sarmizegetusa, Micia oder Germisara stammenden
Reliefbruchstück vorkommt 233. Für das Denkmal aus Klein-Enyed,
die mit der Körpergestaltung zusammenhängenden Einzelheiten, vor allem die
Darstellung der den "Entepfoten" ähnlichen Füße, deuten, durch
Vergleich mit einigen auf den Grabdenkmäler aus Wetsch vorkommenden
stilistischen Elemente234, am ehesten, als Datierung die erste
Hälfte des 3. Jh. an. Die kulturgeschichtliche
Wert dieser Darstellung ist sehr groß, obwohl Herakles/Hercules recht häufig
auf Grabdenkmäler, nicht nur in Italien (auf den Sarkophagewände aus Velletri
und aus der Sammlung von Villa Borghese235, zum Beispiel), aber
auch in den Provinzen, einschließlich in den balkanischen oder
donauländischen236, darunter auch in Moesia Inferior237
und Dakien vorkommt; mehr als das, schon vor der römischen Eroberung des
balkanisch-pontischen Raumes, Herakles hatte eine grosse Bedeutung und wurde
der auf barbarischen Denkmäler am häufigsten dargestellten Held238.
Unter den mythologischen Themen, die auf den in Rumänien entdeckten römischen
Grabdenkmäler, sei es in der Provinz Dakien, sei es im dobrudschanischen Teil
der Moesia Inferior vorkommen, die Taten von Herakles/Hercules sind von der
Anzahl her überwiegend239. So, neben zahlreiche epigraphische und
votive Denkmäler240, Herakles/Hercules kommt auf Grabdenkmäler aus
Apulum (1 Stück), Herkulesbad/Băile Herculane/Herkulesfürdo
(1 Stück), Napoca (2 Stücke), Germisara (2 Stücke), Porolissum (1 Stück),
Potaissa (1 Stück), Micia (2 Stücke), im Hötzinger Land/Ţara
Haţegului/Hátszegföld, bzw. bei Ulpia Traiana
Sarmizegetusa oder Liebfrauen/Sîntămăria Orlea/Oraljaboldogfalva
(1 Stück), in einem unbekannten Ort aus Siebenbürgen (1 Stück), vielleicht
bei Tihău/Tihó (1 Stück, unsicher)241 und,
neulich, bei Karanschebesch/Caransebeş/Karánsebes242,
indem dieses Denkmal, deswegen, nicht im in den Jahren 1977-1978 von M.
Bărbulescu veröffentlichten Repertorium eingeschlossen wurde243.
Im Kontext der Besprechung dieser Ädikulawand aus Klein-Enyed, eine besondere
Achtung, unter diesen Denkmäler, indem sie den Kampf des Helden mit einem
Tier oder einem Ungeheuer darstellen, gehört einem Grabaltar aus Germisara,
auf dem Herakles/Hercules mit dem Löwen aus Nemea kämpft244, einem
Bruchstück aus der Gewölbe eines Grabbaus aus Porolissum, mit der Darstellung
derselben Tat245, einem Bruchstück eines Sarkophaggiebels, der in
der mittelalterlichen Kirche zu Karanschebesch (Kr.
Karasch-Sewerin/Caraş-Severin/Krassó-Szöreny), auf dem
die Kampfszene mit dem Eber auf dem Berg Erymanthos im Norden Arkadiens
abgebildet wurde246 und, eventuell, auch der Wand einer aedicula aus Micia, wo der Kampf mit
der Hydra aus Lerna dargestellt sein soll247; zu Füße des neben
eine Nymphe und Diana dargestellten Helden, auf der Wand eines Sarkophags aus
Herkulesbad, der im Jahre 1755 gefunden wurde und im Wasser der Donau, neben
Budapest, beim Schiffbruch des Schiffes, das Römersteine aus dem Banat nach
Wien transportierte248, kommt
ein Seeungeheuer (?) vor249, eine wahrscheinliche Anspielung an
der Rettung der Hesione250, während auf einem Grabstein aus
Potaissa251 und auf der Wand eines Sarkophags aus dem Hötzinger
Land ist neben Herakles/Hercules ist Cerberus abgebildet252. Auf
einem Grabdenkmal aus Potaissa, hält der Held in seiner Hand die Äpfel aus
dem Garten der Hesperiden253. Zur
Erklärung der Bedeutung des Vorkommens von Herakles/Hercules auf römischen
Grabdenkmäler, ist aber nötig, einige Darstellung dieses Helden auf Denkmäler
aus Dakien zu erwähnen, wo er neben mit dem Grabkultus zusammenhängenden
Gottheiten vorkommt. Ein Pfeiler aus Napoca stellt, im oberen Bildfeld, den
stehenden Liber-Dionysios dar, mitten in Weinreberanken mit Laub und Trauben
und der vom ihm geweihten Tier, der Panther, begleitet ist, während im
unteren Bildfeld sich die reliefierten Gestalten des Hercules mit Cerberus,
links und Mercurius, rechts254; wegen deren Beziehung zum
Jenseits, ist die Wahl dieser drei Gottheiten nicht zufällig255.
Ein Anteil eines vom ausgehenden 2. Jh. und bis im beginnenden 3. Jh.
datierten Grabdenkmales aus Potaissa256 weist in den Seitennischen
die Darstellungen des Hercules und Mercurius auf, indem neben dem letzten, im
rechten Ecke, unten, das Bild eines Hahnes vorkommt. Auf den Seiten eines aus
dem Hötzinger Land stammenden Pfeilers sind Hercules mit Cerberus
dargestellt, bzw. Mercurius, der neben ihm, unten rechts, den Hahn hat257,
ein Tier, das laut eines durch die Vermittlung der Pithagoreiker schon im 6.
Jh. v.u.Z. im Griechenland eingedrungenen persischen Glaubens, woher der
durch etruskische Vermittlung den Römer überliefert wurde258, ein
glücksbringender, böseabwehrender Vogel, der durch seinem Krähen das
Morgengrauen angekündigt und die Finsternis und Ängste der Nacht vertreibt259
und so, zu einem Attribut wird, das die psychopompe Hypostase des Handelsgottes andeutet260.
In Dakien ist aber auch eine andere komplexe Darstellung bekannt, nämlich das
Relief auf den Seiten einer Gruppe aus Apulum, wo Herakles/Hercules mit
Cerberus neben Hermes/Mercurius psychopompos und die Herrscher der Unterwelt,
Pluto und Proserpina261 (nicht Aesculapius und Hygia, wie das N.
Igna glaubte262) dargestellt ist. Durch seinen Abstieg in der Unterwelt,
um von dort den Cerberus, aber auch die Seelen von Peirithoos und Alkestis zu
bringen263, Herakles/Hercules erwirbt, einigermaßen, eine
soteriologische Funktion, jene eines Siegers der Kräfte des Jenseits und
eines Retters der Seelen derjenigen, die dort hingekommen sind264 und
wird, so, zu einem Symbol der Erwerbung des ewigen Lebens, als Korrespondent
des Mercurius, der die Seelen in der Unterwelt bringt265 und,
gleichzeitig, eine göttergleiche Gestalt, was seine Darstellung neben
Mercurius und die Herrscher des Jenseits erklärt266. Aus formaler
Hinsicht, ist dieses Status durch die Apotheose rechtfertigt, infolgedessen
Herakles/Hercules, eine der "ausgewählten Seelen", die
Unsterblichkeit zurückgewinnt, an der er verzichtet hat, um in das Daseits
Peirithoos zurückzubringen267; juridisch, Hercules, dessen Kult
schon zur Zeit der Antoniner blüht268, ist, ebenso wie Liber, zum deus patrius zur Zeit von Septimius
Severus erklärt269, eine Tatsache, die auch durch die Entdeckung
eines Reliefs mit seinen Taten im Palast der Augustalier aus Ulpia Traiana
Sarmizegetusa bestätigt wird, infolge der Unterwerfung der Provinzieller der
aus Rom ausgestrahlten religiösen Politik270. Schon in der
vorrömischen Zeit, Herakles, der aktiveste Held, dem es gelungen ist, alle
Proben zu bestehen, die denjenigen ähnlich sind, denen die Thronandidaten
unterworfen waren, darunter auch die Jagd verschiedener Tiere, wurde so zum Archetypalmodell der
thrakischen Könige und Aristokraten und, gleichzeitig, wie es I. Marazov festgestellt
hat, zu einem Symbol des Synkretismus der griechischen und barbarischen
Traditionen271. Die
Auswahl der Gottheiten, deren Bildnisse auf den Grabdenkmäler aus Dakien
abgebildet sind, in diesem besonderen Falle des Herakles/Hercules auf dem
Denkmal aus Klein-Enyed ist, also, nicht zufällig: Mercurius und Hercules
rufen die Reise der von Mercurius geführte Seele in der Schattenwelt wach,
woher, unter den Sterblichen, nur Hercules gelungen ist rückzukehren und
sogar für kurze Zeit in Unserer Welt den grausamen Cerberus, der manchmal
neben den Held, der den Tod besiegt hat dargestellt wird, heraufzubringen272.
Andererseits, in den "nichtklassischen" Religionen, die Existenz
des "beispielhaften Helden" verursachte eine imitatio dei, die die periodische Reaktualisierung seiner
beispielhaften Taten, durch deren Kontemplation oder durch Eingehen des
"Modells" der herkulischen Leistungen voraussetzte, mit der
Hoffnung einer göttlichen Belohnung im Jenseits, die ähnlich derjenigen, die
der Held erhielt sein soll273; unserer Meinung nach, soll das auch
die Erklärung für die Darstellung von Herakles/Hercules auf dem Denkmal aus
Klein-Enyed sein. Mehr als eine einfache allegorische Anspielung an den
Jägertaten des Verstorbenen, der auf seiner Weise die Taten des Helden
nachgeahmt haben mag, sich selbst eine Heroisierung nach dem Tode wünscht,
wie auf einigen Denkmäler aus Pannonien, wo berittene, von Hunden begleiteten
Jäger Wildschweine274, Löwen275 oder Hirsche276 verfolgen und erlegen, die Szene in
der Herakles/Hercules die Hirschkuh aus Keryneia nach Mykene, trotz der Wille
der Kinder Latos bringt, könnte die heldenhafte Niederlage der vom Schicksal
oder von den Götter bestimmten Schwierigkeiten des Lebens vom ernsten
Verehrer des Gottes symbolisieren, bzw. das Vertrauen in der Möglichkeit des
Menschen durch Tugend seine sterbliche Bedingung zu überschreiten277.
So wie das M. Bărbulescu bemerkt hat, die soteriologischen Funktionen
des Herakles/Hercules wurden weniger in der sich auf die religiösen Glauben
aus anderen Provinzen beziehende Geschichtsschreibung behandelt278.
Es soll aber nicht übersehen werden, in Zusammenhang mit der Szene mit
Ringkämpfer auf der anderen Ädikulawand aus Klein-Enyed, daß
Herakles/Hercules zum Schutzgott der Gymnasien und der athletischen
Wettbewerbe und, bei den Römer, der Gladiatoren wurde279. Als
Gottheit der Körperkraft und Beschützer von den Gefahren des Kampfes,
Hercules erfreute sich von einer großen Popularität vor allen in den
Militärzentren280 und zwischen den Angehöriger des Militärs und
den Veteranen (27,3 % aus den ihm in Dakien gewidmeten und bis 1977-1978
bekannten Inschriften)281. Die
zwei Wände aus der archäologischen Sammlung der Lucian Blaga- Universität zu
Hermannstadt stellen, so, die Grabdenkmäler wohlhabenden Leute dar, die mit
der klassischen Mythologie vertraut waren, die griechisch-römischen Sitten
(die Totenklage des auf der kliné
liegenden Verstorbenen, das Interesse für certamina Graeca) pflegten und die aus den provinzialrömischen
Milieu einer balkanischen oder Donauprovinz, eventuell aus den Reihen der
Veteranen stammen könnten. Richtig,
es kann vermutet werden, daß die Liebe für certamina Graeca bei Klein-Enyed auch durch die Devotion zu
Herakles/Hercules erklärt werden kann, indem die Szene mit den Ringkämpfer
als eine Wiedererinnerung einer beispielhaften Tat des Helden wahrgenommen
wurde, nämlich der Kampf mit Antaeus, eine Folge die in Dakien nur durch eine
bronzene Statuete aus Dierna282 und eine Gemme mit unbekanntem
Fundort (aus Romula oder Sucidava)283 vertreten ist. Diese
Devotion zu Herakles/Hercules bei denjenigen, denen auch die mutmaßliche villa rustica aus Klein-Enyed
zugehörte, wird auch durch das Vorkommen der Szene mit der Hirschkuh aus
Keryneia, die Zerstörerin der bebauten Acker angedeutet, die aber auf den
möglichen böseabwehrenden Deutungen aufmerksam und, gleichzeitig, auf der
Möglichkeit der synkretistischen Kontamination von Herakles/Hercules mit
Silvanus, der Waldgott, die auch von Inschriften angedeutet wird284,
was uns an jenem Hercules Rusticus,
der Beschützer der Reichtümer des Bodens und der Fruchbarkeit285
zu denken macht, weil schon aus der Zeit von Traianus, die kaiserliche
Propaganda schlagt Hercules, der Kämpfer gegen die Ungeheuer des Irrationales
und der Barbarie, als göttliches Benehmungsmodell vor286; als ein
Ausdruck dieses Kultes wird betrachtet287 der Absatz in einem gnostischen,
im Jahre 1856 im Hofe der Brauerei Jovanović entdeckten Kindgrabe aus
Dierna von einem Medaillon, das aus einem Denar von Traianus mit der Statue
von Hercules mit den exuviae leonis
auf dessen Rückseite hergestellt wurde288. Merkwürdig ist, daß die
beiden Denkmäler in der Zeit, wann der Held zu einem deus patrius, also zu einer der offiziellen Religion des
Römischen Reiches zugehörenden Gottheit geworden ist datiert werden könnten,
so daß dessen Verehrung zusätzlich, in diesen Bedingungen, eine politische
Bedeutung erhielt, nämlich diejenige der Loyalität dem Staat gegenüber
erhielt. Obwohl, neulich, M. Bărbulescu die älteren Meinungen bekämpft
hat, daß unter dem Bild des Herakles/Hercules eine einheimische,
thrakisch-dakische Gottheit versteckt sei289 und auch wenn einige
Annäherungen zur Ikonographie des thrakischen Reiters für den auf einer der
beiden Ädikulawände aus Klein-Enyed spekuliert werden können, mit einer interpretatio Romana einer
nichtrömischen Gottheit des Bodens, der Viehzucht und des Waldes, deren
tapferen Taten einen Verhaltensmodell für die Vertreter der ländlichen
sozialen Elite von hier bilden, kann, trotzdem, gerechnet werden.
|
v Facultatea de Istorie „Nicolae Lupu”, B-dul Victoriei nr. 5-7, Sibiu.
* In der provinzalrömischen Archäologie aus Dakien werden aediculae die reduktiven Formen der richtigen Grabdenkmäler mit diesem Namen genannt, die, z.B., in Norditalien, Noricum und Pannonien vorkommen.