DER BÖHMERBERG BEI BROOS / ORĂŞTIE
EINE ARCHÄOLOGISCHE MONOGRAPHIE
Autor:
SABIN ADRIAN LUCA, ZENO-KARL PINTER.
ISBN 973-651-369-6, Editura Universităţii
„Lucian Blaga”, Sibiu 2001. © copyright: SABIN ADRIAN LUCA, ZENO-KARL PINTER.
Übersetzung: Sigrid R. Pinter. Graphische gestaltung: Ioan M. Ţiplic.
GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG DER AZZOLA-STIFTUNG HERMANNSTADT.
Prelucrare Web: Cosmin Suciu; Powered by Institutul
pentru Cercetarea Patrimoniului Cultural Transilvanean în Context European (IPTCE)
4. Die
paläolithischen Funde[1]
Die komplexe Untersuchung der Hochterrasse Böhmerberg
(Dealul Pemilor) des Mieresch (Mureş), die durch koordinierte Geländebegehungen,
Sondierungen und Ausgrabungen zwischen 1991 und 1994 realisiert wurde
[2]
, führte am Punkt X4
[3]
zur Entdeckung von Funden des älteren Paläolithikums, die
für das mittlere Mieresch-Tal von besonderer Bedeutung sind.
Der Fundpunkt, als X4 bezeichnet (Karte 2), liegt auf der zweiten Terrasse
des Mieresch, mit einer absoluten Höhe zwischen 232,50 m und 234,50 m, die,
mit einem Höhenunterschied von ca. 25 m, die erste Terrasse dominiert. Auf
letzterer liegt die Nationalstraße (DN 7) zwischen Broos (Orăştie)
und Mühlbach (Sebeş). Auf der Terrasse, die sich im Oberen Pleistozän
bildete, liegt Löß. Westlich von ihr fließt eine starke Quelle, die sich an
der Nordwestecke des Plateaus in den Pârâul Stricăţii ergießt. Die
Abgrenzung gegen den Punkt X5
ist im Osten ein enger und tiefer Geländeeinschnitt. Von der Nationalstraße
aus gesehen, erscheint die Fundstelle als ein abgeschnittener Kegel.
Das archäologische Material dieser Notiz wurde
bei Geländebegehungen und einer Sondierung im Juli 1994 geborgen
[4]
.
Es handelt sich um fünf Stücke, die dem Paläolithikum
zugeschrieben werden können (Taf. 1/1-5):
1.
Zugeschlagenes Werkzeug aus einer Quarzitknolle. Der Gegenstand ist auf
drei Seiten bifazial zugeschlagen (Taf. 1/5). Die Knolle hat eine bräunliche
Farbe und ist rundum patiniert. Typologisch kann das Gerät als „chopping tool“ angesehen werden
[5]
, eine Form, die sich später zum Faustkeil entwickelte.
Länge: 9,9 cm; Breite: 10,5 cm; Dicke: 4,2 cm.
2.
Zugeschlagenes Werkzeug aus einer Knolle von grau-grünem Gestein (Taf.
1/4). Der Rohstoff ist ein vulkanisches Gestein, wahrscheinlich ein Sionit,
vielleicht auch Diabas
[6]
. Auch dieses Stück ist auf der gesamten Oberfläche patiniert.
Der Rand des Gegenstandes ist einseitig fast rundherum zugeschlagen, zum Teil
auch retouchiert. Typologisch reiht es sich unter die Kategorie „racloir“ ein. Länge: 11,5 cm; Breite: 10,4 cm; Dicke: 3,9 cm.
3.
Kratzer aus einem groben braunen Jaspisabschlag mit abrupt retouchierter
Stirn (Taf. 1/3). Das Ende mit dem Bulbus ist durch einen harten Schlag abgetrennt
worden. Länge: 4,9 cm; Breite: 7,1 cm; Dicke: 3 cm.
4.
Fragment einer unretouchierten braunen Jaspisklinge (Abb. 1/2). Länge:
4,2 cm; Breite: 1,8 cm; Dicke: 0,5 cm.
5.
Schälabschlag aus braunem Jaspis. Fast auf der gesamten Dorsalseite ist
die kalkige Kruste der Knolle erhalten (Taf. 1/1). Länge: 5 cm; Breite 4,7
cm; Dicke: 0,8 cm.
Chronologisch lassen sich die beiden erstgenannten
Stücke (Taf. 1/4-5) in das ältere Paläolithikum Rumäniens datieren
[7]
. Das dritte Stück (Taf. 1/3) kann dem Mousterien zugeschrieben
werden
[8]
. Die übrigen Artefakte (Taf. 1/1-2) sind nicht sicher in
das Paläolithikum zu stellen, da auf der Terrasse auch noch Spuren anderer
Perioden festgestellt wurden (atypische Keramik, wahrscheinlich aus der Bronzezeit).
Von größter Bedeutung sind die Stücke aus dem
Altpaläolithikum (Taf. 1/4-5). Abgesehen davon, dass solche Gegenstände außerordentlich
rar sind, ist ihre Fundlage wichtig.
Erstmals stammen solche Funde von einem Plateau,
auf das geomorphologische und klimatische Faktoren nicht wesentlich eingewirkt
haben, so dass man vermuten kann, dass sie aus ungestörten Zusammenhängen
stammen
[9]
.
[1] LUCA – BOROFFKA 1997.
[2] Luca – Cosma 1993; Luca & Mitarb. 1995, 64-65.
[3] Luca – Cosma 1993, 86-87 (siehe Karte).
[4] Es nahmen S. Luca, N. Boroffka und M. Căstăian an den Untersuchungen teil. Die archäologischen Funde befinden sich in der Sammlung des Archäologischen Seminars der Lucian Blaga-Universität Hermannstadt (Sibiu).
[5] PĂunescu 1970, 12, Abb. 2/1, 5, 10; Mogoşanu 1978, 54-55, Abb. 25/1.
[6] Die vorläufige Bestimmung erfolgte durch den Kollegen M. Cârciumaru, dem auch hier gedankt sei.
[7] PĂunescu 1970, 12, Abb. 2/1, 5, 10; Mogoşanu 1978, 54-55, Abb. 25/1.
[8] Freundlich erteilte Mitteilung von M. Cârciumaru.
[9] Alle anderen Funde dieses alten Zeithorizontes, soweit sie bisher aus Rumänien bekannt wurden, stammen aus sekundären Ablagerungen. Siehe Păunescu 1970, 12; Cârciumaru 1985, 10.