DER BÖHMERBERG BEI BROOS / ORĂŞTIE
EINE ARCHÄOLOGISCHE MONOGRAPHIE
Autor:
SABIN ADRIAN LUCA, ZENO-KARL PINTER.
ISBN 973-651-369-6, Editura Universităţii
„Lucian Blaga”, Sibiu 2001. © copyright: SABIN ADRIAN LUCA, ZENO-KARL PINTER.
Übersetzung: Sigrid R. Pinter. Graphische gestaltung: Ioan M. Ţiplic.
GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG DER AZZOLA-STIFTUNG HERMANNSTADT.
Prelucrare Web: Cosmin Suciu; Powered by Institutul
pentru Cercetarea Patrimoniului Cultural Transilvanean în Context European (IPTCE)
11. Das frühmittelalterliche
Gräberfeld (FundstelleX2)
[1]
Die mit X2
bezeichnete Fundstelle befindet sich auf der zweiten natürlich
entstandenen Mieresch-Terrasse, in einer Höhe, die zwischen 232,50 m
(Terrassenrand) und 234,45 m (Plateaumitte) beträgt. Etwa 25 m höher gelegen
als die erste Terrasse, dominiert er diese, auf der sich die Stadt erstreckt
und auf der in 201,15 m Höhe die Landstraße (DN7) errichtet wurde, und er
beherrscht auch die tief gelegene Auenlandschaft (Höhenwert um 200 m, Karte 2)[2].
Die besonders günstige
geographische Lage, die eine maximale Sicht über einen bedeutenden Abschnitt
des Mieresch-Tals bietet, wie auch das an dieser Fundstelle bei den
Geländeuntersuchung zusammengetragene, dem Neolithikum zuzuordnende
Keramikmaterial veranlaßten uns, hier eine systematische archäologische Untersuchung
einzuleiten. Die hierfür angewandte Methode bestand darin, die Grabungsstelle
mittels eines stratigraphischen Hauptschnittes zu untersuchen, auf Grund dessen
ein System von zusammenhängenden Schnitten und Kassetten angelegt werden
konnte, mit dem Zweck, die archäologischen Anlagen gänzlich freizulegen.
Während der 1992 – 1993 durchgeführten Grabungen wurde die Anlage durch einen
1,50 m breiten Hauptschnitt auf einer Länge von 72 m in drei Gräben von je 20 m
Länge eingeteilt, S1 / 1992, S2 / 1992, S4 /
1993, sowie in einen 12 m langen Schnitt: S3 / 1993 (jeweils
fortlaufend angeordnet). Während der Grabungsarbeiten von 1993 kamen zu diesen
Schnitten, parallel zu S1 / 1992 und zu Freiräumen von 0,50 m, zwei
parallele Schnitte auf der Westseite hinzu, von 20 / 2 m: S5a und S5b
/ 1993 (Plan 3). Obwohl die Grabung die Erforschung der neolithischen
Sachbestände bezweckte, wurde festgestellt: Der von Trägern der
Turdaş-Kultur besiedelte Nordrand der Terrasse war von einem jüngeren
Bestattungsniveau überlagert. Letzteres war durch das Durchwühlen der zur
Turdaş-Kultur gehörenden Schicht freigelegt worden, und so konnte auch das
Material dieser Kultur, das infolge der Pflugarbeiten an die Oberfläche gelangt
war, in die Geländebegehungen mit eingeschlossen werden.
Das Gräberfeld konnte nicht
in seiner Gesamtheit erforscht werden.[3]
Die neun aufgedeckten Gräber weisen einige gemeinsamen Merkmale auf: Bei allen
handelt es sich um ostwestlich ausgerichtete Körperbestattungen, d. h. die
Beine sind ost- und der Kopf westorientiert. Desgleichen sind – wegen des
sauren tonhaltigen Illuvialbodens – sämtliche Skelette schlecht erhalten, ein
Umstand, der eine genauere anthropologische Analyse ausschloss. Die Grube von
unregelmäßiger Form verlief durch die frühgeschichtliche Besiedlungsschicht bis
in den gewachsenen Boden. Das Niveau, auf dem mit der Aushebung der Gruben
begonnen wurde, ließ sich nicht mehr feststellen, da die Fläche vor zwei
Jahrzehnten im Laufe der Ackerarbeiten, durch die der Boden der Landwirtschaft
zugeführt werden sollte, von tiefen Furchen zerstört wurde. Was die Ausmaße der
Nekropole betrifft, ist eine Anhäufung von Gräbern im Schnitt S1 /
1992, S4 / 1993 und S5 a – b / 1993 zu bemerken, das
heißt in einer Entfernung von etwa 10 m vom Terrassenrand und etwa 30 m vom
Plateauinneren. Im Abschnitt S3 / 1993, der den Terrassenrand
berührt, und im Abschnitt S2 / 1992 in Richtung Plateaumitte traten
keine Gräber in Erscheinung. Infolgedessen wissen wir, welche Breite das
Gräberfeld in Nord-Südrichtung erreicht hat, wobei seine Längsausdehnung
vermutlich entlang des Plateaurands verläuft.
Es wurden folgende Gräber
entdeckt:
M. 1 / 1992 wurde in S1 /
1992 freigelegt, in den Planquadraten 11 – 12, –0,45 m. Die Schienbeinknochen
reichten in den östlichen Bereich des Schnittes, was das Anlegen einer Kassette
mit den Maßen 1 / 0,50 m veranlasste. Der Verstorbene wurde in Rückenlage, mit
auf dem Schoß liegenden Armen bestattet (Plan 12). Als Beigabe kam im Bereich
der Schläfe ein bruchstückhafter Ohrring oder Kopfschmuckring aus Bronze zum
Vorschein (Taf. 69/1).
M. 2 / 1992 wurde in S1 /
1992 freigelegt, im Quadrat 3, –0,62 m (Plan 12). Ab der rechten Beckenseite
befindet sich der Bestattete im Ostprofil, zu seiner Freilegung war die
Durchfühung einer Kassette von 1 / 1 m notwendig. Der Verstorbene wurde in
Rückenlage beigesetzt, wobei man die übliche Ausrichtung beachtet hatte, es
fehlten jedoch Schädelknochen, Schulterblatt, Schlüsselbein sowie die rechten
Handknochen. Die restlichen Gebeine des Skelettes waren zwar in anatomisch
richtiger Verbindung, aber in unnatürlicher Lage vorhanden. Der linke Humerus
reichte bis etwas unter die Rippenknochen, und der Radius sowie der
Ellenbogenknochen lagen etwas abseits vom Becken, so dass sie mit dem Humerus
einen Winkel von 120° bildeten. Das linke Bein war aus dem Knie
angewinkelt, das Oberschenkelbein bildete mit dem Schienbein und dem Wadenbein
einen Winkel von 130°. Auf dem Brustbein befand sich ein schwer zu
identifizierendes Fundstück, vermutlich ein Bronzeohrring (Taf. 69/5). Im
Bereich des rechten Fußes wurden zwei Pfeilspitzen entdeckt (Taf. 69/9, 10),
aus deren Lage zu entnehmen ist, dass sie nicht als Grabbeigabe beigelegt
worden waren. Der erste Pfeil steckte in der rechten Kniescheibe, er war von
der linken Seite eingedrungen und zwischen Oberschenkel- und Schienbein stecken
geblieben, wobei er die Kniescheibe verschoben hatte; die zweite Pfeilspitze
steckte, in gleicher Richtung, zwischen Schien- und Wadenbein. Das
Vorhandensein der beiden Pfeile könnte eine Erklärung für das Fehlen einiger
Skelettteile sein sowie für die ungewöhnliche Lage der Gliedmaßen, wenn man
davon ausgeht, dass die in M. 2 bestattete Person auf dem Schlachtfeld
verstorben ist. In diesem Fall ist es nicht auszuschließen, dass das
betreffende Individuum zuerst von den beiden Pfeilen verletzt, infolgedessen
gehunfähig gemacht und danach rücklings von einem Schwert- oder Säbelschlag
getroffen wurde, wobei ihm der Kopf und die rechte Schulter abgetrennt wurden.
Die ungewöhnliche Lage der Gliedmaßen könnte auf eine in Eile vorgenommene
Bestattung zurückzuführen sein, und zwar zu dem Zeitpunkt, als die Ligamente
starr waren. Das Fehlen des Schädeldaches könnte auf den Brauch zurückzuführen
sein, diesen Körperteil als Trophäe zu nutzen. Eine diesbezügliche Darstellung
erscheint auf einem zum Schatz von Großsanktnikolaus / Sânicolau Mare
gehörenden, im Kunsthistorischen Museum in Wien[4]
aufbewahrten Gefäß und auch auf einer Zeichnung, die in einem byzantinischen
Gebetsbuch aus dem Jahr 1088 verwahrt wird[5].
M. 3 / 1992 wurde in S1 /
1992 entdeckt, im Quadrat 12, –0,65 m (Plan 12). Das Skelett erstreckte sich ab
der rechten Schulter im Westprofil der Grabung, so dass sich für sein
gänzliches Freilegen die Ausführung einer Kassette von 0,50 / 0,50 m als
notwendig erwies. Das Grab war sorgfältiger angelegt, die etwas besser
erhaltenen Skelettknochen waren in anatomischer Lage vorhanden. Der Verstorbene
wurde in Rückenlage, mit neben dem Körper ausgestreckten Armen bestattet. Als
Grabinventar trat im Bereich der Wirbelknochen ein flacher Kupferring in
Erscheinung (Taf. 69/8). Auf dem Unterkiefer konnte man Grünspanspuren
feststellen, die mutmaßlich von einer nicht erhalten gebliebenen Münze stammen.
M. 4 / 1992 wurde in S1 /
1992 entdeckt, im Quadrat 13, –0,50 m (Plan 12). Erhalten geblieben waren nur
die Knochen der Gliedmaßen, Bruchstücke der Beckenknochen und des Schädels. Als
Grabbeigabe war an jedem Unterarm ein einfacher bronzener Armring mit
zugespitzten Enden vorhanden (Taf. 69/3, 4) und im Bereich des Brustkorbs ein
traubenkornförmiger Anhänger aus dem gleichen Metall (Taf. 69/6). Auf dem
Oberkiefer entdeckte man Grünspanspuren, das Metallstück, von dem diese
herrühren, ist allerdings nicht erhalten geblieben.
M. 5 / 1992 wurde in S1 /
1992 entdeckt, im Quadrat 10, –0,75 m (Plan 12). Das Grab konnte nur teilweise
untersucht werden, da der Tote vom Brustkorb abwärts unter dem Bereich des
Ostprofils lag, ein Abschnitt, der aus Zeitmangel nicht in Kassetten zerlegt
werden konnte. Zur rechten Seite des Schädeldachs befand sich ein Stück
Bronzedraht, das von einem Kopfschmuckring herrühren könnte, und auf dem
Brustkorb trat ein pilzförmiger Anhänger zum Vorschein (Taf. 69/7).
M. 6 / 1993 wurde in S4 /
1993 entdeckt, im Quadrat 3 – 4, –0,65 m (Plan 16). Das Skelett verlief ab der
rechten Seite der Oberschenkelbeine unter dem Ostprofil der Grabung, und aus
diesem Grund wurde eine Kassette von 1 / 1 m angelegt. Der Verstorbene befand
sich in Rückenlage, mit neben dem Körper ausgestreckten Armen. Der linke
Unterarm war etwas angewinkelt, so dass die Fingerknochen auf dem oberen Teil
des linken Oberschenkelbeins lagen. Das Grabinventar bestand aus fünf
Pfeilspitzen, 0,25 m von dem oberen Bereich des linken Humerus entfernt. Da man
keine Spuren eines Köchers feststellen konnte, ist anzunehmen, dass die
Pfeilspitzen gebündelt beigegeben wurden (Taf. 70). Auf der rechten Seite des
linken Schienbeins kam das Bruchstück einer Eisentrense zum Vorschein, und im
Bereich der Zehenknochen des rechten Fußes entdeckte man eine ziemlich gut
erhaltene eingliedrige Trense (Taf. 71).
M. 7 / 1993 wurde in S5a /
1993, im Quadrat 4 entdeckt, –0,90 m (Plan 16). Das Skelett verlief ab der
rechten Seite des Brustkorbs unter dem Westprofil des 0,50 m breiten
Sicherheitsstreifens, der zwischen S5a und S5b
beibehalten wurde. Für eine Erforschung des gesamten Grabes hatte man den
Sicherheitsstreifen rechts des Pfahls T3 bis auf einen Meter Länge ausgehoben.
Der Bestattete befand sich in Rückenlage, mit aneinanderliegenden Knien und
leicht angewinkelten Armen, so dass die Fingerknochen in die Beckengegend zu
liegen kamen. Der Schädel war zur rechten Seite gedreht, so dass die
Augenhöhlen eine Südorientierung aufwiesen. Das Bestattungsinventar erwies sich
als ziemlich reichhaltig. Jedem Unterarm war ein einfacher Bronzering mit sich
verjüngenden Enden beigegeben, auf der linken Schläfe kam ein verzierter
Beschlag aus dünnem Silberblech zum Vorschein (Taf. 72). Der Verstorbene hielt
ein Bündel Pfeile in der rechten Hand, deren Spitzen infolge der Oxydation miteinander
verbunden waren. Dieses Fundstück lag in der Mitte des zwischen Humerus und
Radius der linken Hand gebildeten Winkels (Taf. 73/1-3, 5-6). Der linken
Kniescheibe war eine gegliederte Eisentrense (Taf. 73/7) beigelegt und der rechten Seite der Füße je ein,
ebenfalls aus Eisen gefertigter Steigbügel (Taf. 74). Außer dem oben genannten,
aus fünf Pfeilspitzen gebildeten Bündel wurde bei der Aushebung des Grabes auch
eine kleinere Pfeilspitze entdeckt (Taf. 73/4), die in abwärtsweisender
Richtung zwischen den Rippen des Verstorbenen steckte, im Bereich der
Wirbelknochen. Dieser Pfeil scheint nicht zu dem rituell beigelegten
Grabinventar zu gehören, und wir vermuten, dass es sich dabei, ähnlich wie in
Grab M2 / 1992, um die Waffe handelt, die eine Verletzung oder den
Tod des Grabinhabers verursacht hatte.
M. 8 / 1993 wurde in S5a/
1993, im Quadrat 10 entdeckt, –0,85 m (Plan 16). Die linken und (vom Knie
abwärts) rechten Fußknochen erstreckten sich unter dem Südprofil, und hier
wurden keine Kassetten angelegt. Der rechte Unterarm lag auf dem Becken, der
linke Unterarm auf dem Brustkorb, wobei die linken Fingerknochen auf dem
Brustbein in Erscheinung traten. Es wurden folgende Bestattungsbeigaben
geborgen: Auf den rechten Unterarmknochen befand sich ein einfacher
Bronze-Armring mit zugespitzten Enden sowie ein aus dem gleichen Material
angefertigter Ring (Taf. XII75/1, 4); im Bereich der linken Hand fand man einen
einfachen Ring (Taf. 75/3); zur Linken der Schädelkappe wurde ein Ohrring
entdeckt (Taf. 75/2).
M. 9 / 1993 wurde in S4 /
1993 entdeckt, im Quadrat 2, – 0,80 m (Plan 16). Im eigentlichen Schnitt traten
nur die Schien- und die Wadenbeine in Erscheinung, die Oberschenkelbeine
erstreckten sich unterhalb des Westprofils. Infolgedessen wurde eine Kassette
mit den Maßen 1,20 / 1 m angelegt. Das schlecht erhaltene Skelett befand sich
in Rückenlage, der Schädel war zur rechten Seite gefallen, so dass die
Augenhöhlen eine Südorientierung aufwiesen. Die Knochen des rechten Unterarms
lagen auf dem Becken, während jene des linken Unterarms etwas angewinkelt waren
und im Bereich des Brustbeins aufgefunden wurden. Das Grabinventar bestand aus
zwei Bronzeringen (Taf. 76/13, 14), die im Bereich der rechten Fingerknochen
gefunden wurden, sowie aus 18 Keramikperlen (Taf. 76/1-7), im Bereich des
Unterkiefers und des Hinterhauptbeins. Zu den Perlen gehörten auch drei
Glöckchenhälften (Taf. 76/10-12) sowie zwei Anhängerhälften von
unterschiedlicher Form (Taf. 76/16, 17). Ebenfalls im Schädelbereich kamen zwei
Ohrringe aus Bronzedraht zum Vorschein (Taf. 76/8, 9) sowie zwei nicht
identifizierbare Metallbruchstücke (Taf. 76/15, 18).
Wegen des schlechten
Erhaltungszustandes der meisten Gebeine war die Aufstellung einer
Klassifizierung nach Alter und Geschlecht mit Hilfe der anthroplogischen
Analyse nicht möglich; es konnten diesbezüglich nur wenig genaue Feststellungen
gemacht werden, und dies auf Grund der geschätzten Körpergröße der Bestatteten
sowie der vorgefundenen Grabbeigaben. Mit den gebotenen Vorbehalten kann hinsichtlich
des Gräberfelds vermerkt werden, dass es sich um insgesamt neun Gräber handelt:
fünf mit erwachsenen männlichen Individuen (M. 2, 3, 4, 6, 7); zwei
mit erwachsenen weiblichen Individuen (M. 8, 9); eines mit einem
Halbwüchsigen (M. 1) und eines, das sich nicht zuordnen ließ (M. 5).
Im Falle der Skelette, die auf große Körpermaße, also auf Männer schließen
lassen, waren die Knochen der Hände neben dem Körper ausgestreckt (M. 3,
4, 7) oder im Beckenbereich gelegen (M. 6), während bei den
von uns den weiblichen Individuen zugeordneten Skeletten der rechte Arm auf dem
Becken und der linke Arm auf der Brust lag (M. 8, 9).
Das als Grabbeigabe
vorgefundene archäologische Material besteht aus Metallstücken. Tönerne Gefäße
oder Gefäßbruchstücke fehlen gänzlich, mit Ausnahme der neolithischen Scherben,
die in die Grabfüllung gelangt waren und aus anderen Anlagen stammen.
Desgleichen sei des Fehlen des Münzmaterials vermerkt, selbst wenn wir bei
mindestens zwei Bestattungen (M. 3 und M. 4), auf Grund
der nachgewiesenen Oxydspuren, die Ablegung von Münzen im Mundbereich annehmen
konnten. Ähnlich verhält es sich auch mit den Beigaben aus Holz, Leder oder
Textilmaterial, deren Konservierung im Gebiet des Böhmerbergs nicht möglich ist
und deren Vorhandensein beim Bestattungsritual nur vermutet werden kann – im
Zusammenhang mit den Metallstücken, an denen sie möglicherweise angebracht
waren (Pfeile, Steigbügel).
Die Grabbeigaben aus Metall
konnten gemäß ihrer Funktionalität in zwei Gattungen eingeteilt werden: in
Schmuckstücke und Stücke militärischer Ausrüstung (Bewaffnungs- und
Pferdegeschirr-Stücke).
Die Schmuckstücke sind im
Allgemeinen einfach und aus nicht eisenhaltigen Metallen gefertigt: aus Kupfer,
Bronze oder Silber. Es handelt sich dabei um Armringe, Ohrringe, Anhänger,
Glöckchen und ein Beschlag-Bruchstück sowie um einige schwer zuzuweisende
Fragmente. Außer diesen Metall-Schmuckstücken wurden aus einem einzigen Grab
(M. 9) 18 Tonperlen geborgen.
Sämtliche Armringe sind aus
Bronze gefertigt, sie weisen einen kreisförmigen bzw. ovalen Querschnitt auf
und haben eine Dicke, die zwischen 2,5 und 4 mm variiert, bei einer Durchmesser
- Öffnung von 54 bis 62 mm. Die Ringenden waren zugespitzt und miteinander
nicht verbunden, so dass das Schmuckstück durch Biegung auf dem Arm befestigt
wurde. Insgesamt wurden fünf Armreifen entdeckt, wobei kein einziger
Verzierungsspuren aufweist. Sämtliche Armringe traten im Bereich der
Unterarmknochen zum Vorschein, in zwei Fällen (M. 4 und M. 7)
als Paar und bei Grab M. 8 als Einzelstück.
Die Ohrring-Funde ergaben –
typologisch betrachtet – ein etwas reichhaltigeres Bild, obwohl das in diesem
Fall verwendete Material desgleichen Bronze ist. Als am zahlreichsten vertreten
erweisen sich ebenfalls die einfachen Stücke aus rundstabigem Draht, mit einer
Dicke zwischen 1,8 bis 2,6 mm. Die Durchmesser weichen nur leicht vom 30
mm-Wert ab. Zu dieser Fundart gehören fünf ganze Stücke sowie ein
fragmentiertes Stück, das allerdings leicht rekonstituiert werden konnte. Sie
befanden sich alle im Bereich der Schläfen oder des Hinterhauptbeins. Einer der
Ohrringe ist offen und hat zugespitzte Enden (M. 1, Taf. 69/2),
während drei Stücke ineinandergreifende Enden besitzen (M. 1, Taf.
69/1 und M. 9, Taf. 76/8,9). Ein einziger Ohrring hat ein verdicktes
und ein sich verjüngendes Ende, die einander leicht berühren (M. 8,
Taf. 75/3). Im Grab M. 8 trat ein stark korrodierter Ohrring in
Erscheinung, der sich typologisch schwer zuweisen lässt. Wie im Falle der
Armreifen fehlen auch auf den Ohrringen jegliche Verzierungsspuren. In M.2
wurden drei Bruchstücke eines Ohrrings geborgen, der sich, typologisch
betrachtet, von den oben Beschriebenen unterscheidet (Taf. 69/5). Dieses
Schmuckstück weist an seinem Mittelstück eine Verdickung auf, die durch
spiralförmiges Umwickeln eines 1 mm dicken Drahtes auf einen etwas dickeren
Draht von 1,8 mm hervorgerufen wurde, wobei letzterer den Ringkörper darstellt.
Eines der Ringenden ist nach Innen gebogen, und das andere, ziemlich
korrodierte Ende schien zugespitzt gewesen zu sein.
In der Nekropole vom Böhmerberg
wurden insgesamt fünf Ringe geborgen. Vier davon befanden sich im Bereich der
Fingerknochen und bloß einer auf der Brust, im Brustbein-Bereich (M. 3),
obwohl der Verstorbene mit an den Seiten ausgestreckten Armen, d. h. mit den
Fingerknochen im Bereich des Oberschenkelbeins beigesetzt worden war.
Von ihrer Form und
Funktionalität her können diese Fundstücke in zwei Kategorien eingeteilt
werden: in Ringe mit veränderlichem Umfang, d. h. offene Ringe, und in solche
mit unveränderlichem Umfang, d. h. geschlossene Ringe. Was die Form anbelangt,
trat ein einziges unverziertes, aus einem rundstabigen Bronzedraht gefertigtes
Exemplar, und zwar in M. 8 (Taf. 75/3), in Erscheinung; außerdem ein
aus einem Kupferband gefertigter, mit Einritzungen verzierter Ring in M. 3
(Taf. 69/8), mit rechteckigem Querschnitt, sowie in M. 8 (Taf. 75/4)
bzw. in M. 9 (Taf. 76/13, 14) drei aus Bronzeband hergestellte Ringe
mit halbkreisförmigem Querschnitt und abgerundeter Außenseite, die mit Ritzornamenten
versehen und „siegelartig“ verdickt sind. Der in Grab M. 3 geborgene
Kupferring war geschlossen und hatte ineinandergreifende Enden. Die Außenseite
des sehr dünnen Ringbandes (0,7 mm) weist eine Verzierung auf, die von einer
durch kleine Kreise unterbrochenen Zickzacklinie gebildet wird (Taf. 69/8).
In M. 8 wurde im
Bereich der rechten Fingerknochen ein leider nur bruchstückhafter Ring geborgen
(Taf. 75/4), so dass nicht feststellbar war, ob er zur offenenen oder
geschlossener Art gehörte. Der Durchmesser seiner Öffnung wurde auf etwa 20 mm
geschätzt. Die Breite des im Querschnitt halbkreisförmigen Bandes beträgt 7 mm
und die Dicke 0,9 mm. Der Ring ist mit einer siegelartigen Verdickung mit
rechteckigem Profil versehen, die die Dicke des Bandes um 1,7 mm überschreitet.
Auf der gesamten erhalten gebliebenen Ringoberfläche ist ein aus kleinen
Kreisen mit Innenpunkten gebildetes Zierelement zu sehen. Diese Verzierung
hatte man vermutlich mit Hilfe einer Ahle und eines Körners ausgeführt. Gewiß
ist, dass diese Verzierung keinesfalls mit einem einzigen, speziell dafür
gefertigten Werkzeug angebracht wurde, da der Punkt aus dem Inneren der Kreise
nicht stets an der gleichen Stelle angebracht worden ist und auch auf der
Fläche nicht gleichförmig erscheint. Letzteres nicht einmal in Bezug auf die
Tiefe, in einem Fall ist das dünne Band sogar durchbohrt worden. Ebenfalls in
Grab M. 8, im Bereich der linken Hand, trat ein einzelner,
unverzierter Ring in Erscheinung. Er ist geschlossen, rundstabig, mit einer
Dicke von 3,4 mm bei einem Durchmesser von 17 mm.
In M. 9, der an
Schmuckstücken reichsten Bestatttung, wurden – im Bereich der linken
Fingerknochen – zwei ziemlich gut erhaltene Ringe entdeckt. Der erste, zur Zeit
seiner Bergung bereits zerbrochene Ring (Taf. 75/13) war ursprünglich
geschlossen und bestand aus einem 5 mm breiten und 0,8 mm dicken Bronzestab mit
halbkreisförmigem Querschnitt. Im Bereich des Siegels weist das Stück eine
Breite auf, die um 1,6 mm die Dicke des Bandes und um 1 mm die Breite jeder der
beiden Seiten überschreitet. Auf diesem Ring ist die gleiche, aus kleinen, im
Inneren aus gepunkteten Kreisen gebildete Verzierung anzutreffen, wie sie
bereits auf dem Stück in Grab M. 8 vermerkt wurde. Im vorliegenden
Fall jedoch reihen sich die kleinen Kreise nicht gleichmäßig an der Außenseite
des Bandes aneinander, sondern sind am unteren Teil der Verdickung in
Zweiergruppen angeordnet. Außerdem sind auf diesem Ring auch Punkte ohne
Kreisumrahmung anzutreffen, die, sowohl auf dem Band als auch auf der
Verdickung in Erscheinung treten. Der zweite Ring (Taf. 75/14) ist schmaler,
jedoch dicker als der oben genannte, wobei das Band das gleiche
halbkreisförmige Profil aufweist, mit einer maximalen Breite von 2,8 mm, bei
einer Dicke von 1,5 mm. Auch dieser Ring besitzt eine – diesmal auch entlang
der Fläche – rhombenförmige, in ihrem Schnitt dreieckige Verdickung, die die
mittlere Dicke des Ringes um 1,5 mm und die Seiten desselben um je 2,5 mm
überschreitet.
Die in der Nekropole zutage
getretenen Anhänger stammen aus den Gräbern M. 4, M. 5
und M. 9. Auch diese Fundstücke können bezüglich ihrer
Funktionalität und Form in mindestens zwei Arten eingeteilt werden: in
Glöckchen (Schellen) und einfache Knöpfe.
In Grab M. 4
befand sich im linken Schlüsselbein-Bereich ein knopfartiger Anhänger von der
Form eines Traubenkorns (Taf. 69/6). Seine Unterseite ist kugelig und hat einen
Durchmesser von 6 mm. Ebenfalls 6 mm beträgt auch die längliche Öse, die eine
1,8 mm große Durchbohrung aufweist und mit dem Kugelkörper durch eine 1 mm
breite, im Durchmesser 2,5 mm dicke Manschette verbunden ist.
Ein zweiter, diesmal
pilzförmiger Knopf (Taf. 69/7) wurde in M. 5 im Brustbein-Bereich vorgefunden.
Das Stück ist bei einer Gesamtlänge von 12,5 mm um 2 mm kürzer als der Knopf aus
M. 4. Dieser Umstand ist auf die Linsenform des Körpers
zurückzuführen, dessen kleiner Durchmesser 4 mm beträgt, wobei der große
Durchmesser 10 mm misst. Die Befestigungsöse ist 8 mm groß und unmittelbar, d.
h. ohne Manschette, an dem linsenförmigen Körper befestigt. Der Ösendurchbruch
weist einen Durchmesser von 1,6 mm auf.
Im reichhaltigen Inventar
aus Grab M. 9 befanden sich unter den zum Teil bereits beschriebenen
Stücken zwei Anhängerhälften, die sich von ihrer Größe her zwischen die
Kleinfunde aus M. 4 und M. 5 sowie die größeren Schellen
aus M. 9 einordnen lassen. Das erste Stück (Taf. 76/16) ist eine
innen hohle Anhängerhälfte, mit einem eigentlich für die Glöckchen spezifischen
Innenhohlraum. Die Gesamtlänge beträgt 19 mm, wobei die Länge des kugeligen
Körpers 9 mm ausmacht. Die Befestigungsöse ist ringförmig, hat einen
Durchmesser von 5 mm und eine Durchbohrung von 3 mm. Die Öse ist mit dem
Kugelkörper durch eine doppelte, 2 mm dicke Manschette verbunden und an der
Unterseite mit einem 1,6 mm dicken Höcker versehen, der dem Stück die Form
eines „Zwiebelkopfes“ verleiht.
Das zweite Fundstück aus M. 9
(Taf. 76/17) sieht dem traubenförmigen Knopf aus M. 4 ähnlich, es
unterscheidet sich jedoch von letzterem durch seine Ausmaße und die Art seiner
Ausführung. Auch von diesem Stück konnte nur eine Hälfte geborgen werden. Der
innen hohle, kugelige Körper hat einen Durchmesser von 9 mm und ist mittels
eines 1 mm starken, schwach ausgeprägten Kragens an der länglichen Öse
angebracht. Die Befestigungsöse ist zerbrochen, ihre Durchbohrung beträgt im
Durchmesser 1,5 mm.
Beide oben beschriebenen
Kleinfunde weisen an der Oberseite der Befestigungsöse Abnutzungsspuren auf,
ein Umstand, der uns Grund zur Annahme gibt, dass diese Stücke über längere
Zeit hinweg getragen worden sind.
In demselben Grab, M. 9,
wurden im Halsbereich des Verstorbenen drei Schellenhälften entdeckt, von denen
sich zwei Hälften bestens zu einem ganzen Glöckchen zusammenfügen ließen. Das
Stück ist birnenförmig (Taf. 76/10, 11) mit länglichem oberen Teil. Die
Gesamtlänge beträgt 26 mm, die maximale Breite 18,5 mm. 19 mm der Länge nimmt
der Schellenkörper ein, der durch einen 2 mm dicken Kragen mit der
kreisförmigen, im Durchmesser 5 mm breiten Befestigungsöse verbunden ist, in
die zwecks Befestigung ein 2 mm großes Loch gebohrt worden war. Die Dicke des
Schellenkörpers variiert zwischen 1 und 1,4 mm; an der Unterseite jeder der
beiden Schellenhälften erscheint ein länglicher Spalt (maximale Breite: 2 mm,
Länge: 4 mm), der zur besseren Klangerzeugung dienen sollte. Die Außenfläche
des Stücks weist eine Verzierung auf, die aus zwei wenig eingetieften,
parallelen Riefen gebildet wird, die rings um den Schellenkörper, und zwar an
dessen breitester Stelle, wie ein Gürtel verlaufen. Unter dieser Verzierung
sind, parallel zur Resonanzöffnung, weitere vier eingetiefte Linien zu sehen,
je zwei auf jeder Seite des Spalts.
Die dritte, im gleichen
Umfeld von Grab M. 9 geborgene Schellenhälfte (Taf. 76/12) besitzt
etwa die gleiche Form wie das oben beschrieben Stück, wobei der Körper an der
Oberseite jedoch etwas bauchiger ist.
Man kann annehmen, dass
sowohl diese Hälfte als auch die beiden innen hohlen Knopfhälften aus diesem
Grab in vollständigem Zustand beigelegt wurden und dass auch die Schellen
mitsamt dem inneren, vermutlich aus dem gleichen Material gefertigten Kügelchen
vorhanden gewesen sind. Möglicherweise waren diese Stücke in höherem Maß vom
Rost befallen und haben sich in der Erde zersetzt, wo sie, in Verbindung mit
den oben beschriebenen Funden, nur noch als Ansammlung von Grünspan
nachgewiesen werden konnten.
Wie bereits vermerkt, wurden
im Gräberfeld auf Brooser Gebiet (Fundstelle X2) auch metallische
Fragmente entdeckt, die schwer zu identifizieren waren. Unter diesen
Metall-Bruchstücken befindet sich auch ein im Reitergrab M. 7 zutage
getretener Fund. Es handelt sich um das Bruchstück eines, wie es scheint,
vergoldeten Silberbeschlags (Taf. 72/3), das auf der Schädeldecke, genauer
gesagt: auf dem Stirnbein des hier Bestatteten lag. Der äußerst brüchige
Beschlag besteht aus drei Fragmenten, die zusammengenommen etwa die Form eines
Dreiecks ergeben. Die Blechdicke beträgt 0,3 mm, wobei die Höhe und Breite des
Plättchens jeweils 18 mm misst. Dieses Metallstück scheint das Eck eines in der
„Repousse“-Technik ausgeführten Zierbeschlags zu sein, d. h. das kalte, mit
einer dünnen Harzschicht überzogene Blech war durch Behämmern verziert worden.
Letzteres geschah aufeinanderfolgend und wurde auf der Kehrseite des Stücks
vorgenommen, wobei das Muster auf der Vorderseite reliefartig zum Vorschein
kam. Die Ornamentik besteht aus zahlreichen, im Inneren eines Rahmens
aneinandergereihten kleinen Kreisen sowie aus Mäandern, die die Vorwölbungen
umschlangen. Zieht man den rechten Winkel des erhaltenen Stücks in Betracht
sowie die leichte Wölbung einer der Seiten, kann man annehmen, dass es sich
hier um einen Beschlag in der Form eines Herzens oder eines geschlossenen „U-s“
handelt, so, wie er für den auf Gürtelzungen oder Ausrüstungsstücken
erscheinenden Besatz spezifisch ist.
Die im Grab M. 9
entdeckten Perlen waren die einzigen aus Ton gefertigten Inventarstücke.
Insgesamt wurden 18 Perlen geborgen, und man vermutet, dass sich die Kette aus
mehreren solchen Stücken. zusammensetzte, die jedoch in winzig kleinen Bruchstücken
vorhanden waren und somit nicht gänzlich ausgegraben werden konnten. Die Perlen
lagen im Bereich des Unterkiefers und des Hinterhauptbeins verstreut, wobei
ihre Reihenfolge in der Kette nicht nachweisbar war. Die Einzelstücke haben
verschiedene Größen (Taf. 76/1-7); die größte Perle misst im Durchmesser 14 mm
und hat eine Dicke von 9 mm, während die Kleinste im Durchmesser 7 mm und ihre
Stärke 4 mm beträgt. Auch die Perlenform variiert, es sind doppelkegelige,
zylindrische und ringförmige Stücke anzutreffen. Die Tonpaste ist fein und
weist verschiedene Farben auf: weiß, gelb oder rostbraun. Einige Perlen sind
mit Einkerbungen verziert gewesen, in denen sich schwarze und rote Farbspuren
erhalten haben.
Die Ausrüstungsstücke
gehören neben den oben beschriebenen Schmuckstücken zu jenem Teil des
Grabinventars, der für die Klärung der kulturellen und zeitlichen Zuordnung des
Gräberfelds von besonderer Bedeutung ist. Innerhalb dieser Fundgattung muss
wiederum zwischen Waffen- und Pferdegeschirr-Bestandteilen unterschieden
werden.
Die einzigen bis heute in
besagter Nekropole zutage gekommenen Waffenstücke sind Pfeilspitzen von
verschiedener Größe und Form. Innerhalb dieser muss unterschieden werden
zwischen Pfeilen, die rituell in die Gräber von Kämpfern beigelegt wurden (M. 6
und M. 7), und solchen, die zusammen mit dem Verstorbenen in die
Grube gelangt sind, d. h. im Körper desselben steckten (wie im Falle von M. 2
und M. 7).
Die rituell in die
Bestattungen gefügten Stücke sind in beiden Fällen gruppiert anzutreffen und
mit Ausrüstungsstücken in Verbindung zu bringen. In Grab M. 6 wurden
fünf eng gebündelte Pfeilspitzen im Bereich des linken Oberarmknochens
geborgen, die sich vermutlich in einem (leider nicht erhaltenen) Köcher
befanden. Sämtliche fünf Stücke gehören zur Art der Pfeile mit „rhombischer
Spitze“, und trotzdem gab es nicht zwei gleiche zu verzeichnen. Das größte
Stück (Taf. 70/2) ist 114 mm lang, die maximale Breite beträgt 30 mm. Im
Schnitt der Rhomben-Diagonalen misst die Dicke 3,6 mm, wobei letztere sich in
Richtung der beiden Schneiden sowie der Spitze verjüngt, bzw. am
Befestigungsende bis auf 6,4 mm zunimmt. Dieser Pfeil gehört zu jenen mit
flacher Spitze, und zu den letzgenannten muss auch ein anderes, kürzeres, 90 mm
langes Exemplar gezählt werden (Taf. 70/3), das an seiner breitesten Stelle 3
mm mehr aufweist. Die anderen drei Pfeilspitzen sind massiver gebaut, schlanker
und länglich, was ihnen das Aussehen von Bolzen verleiht und auch auf eine
andere Verwendungsart (im Kampf oder auf der Jagd) schließen lässt. Die größte
dieser drei Spitzen (Taf. 70/1) ist 88 mm lang und hat eine maximale Breite von
26 mm. Im Schnitt der Rhomben-Diagonalen beträgt die Dicke 3,6 mm, wobei sie
sich zur Spitze und dem Ende zu verjüngt. Die beiden anderen Pfeilspitzen sind
71 mm lang und 19 mm breit (Taf. 70/5), beziehungsweise 78 mm lang und 21 mm
breit (Taf. 70/4). An allen fünf Exemplaren war der Schaftdorn abgebrochen, und
man kann vermuten, dass ein Teil des Endstücks durch Oxidation verloren gegangen
ist.
Ebenfalls im Bündel, aber
mutmaßlich dem Verstorbenen in die rechte Hand gelegt, waren auch die in Grab
M. 7 entdeckten Pfeile. Eine Ansammlung von fünf Pfeilspitzen kam
zwischen den Rippen und dem aus Humerus, Radius und Kubitus der rechten Hand gebildeten
Winkel zum Vorschein, während eine sechste Pfeilspitze sich im
Brustkorbbereich, unter den Rippen in Nähe der Wirbelknochen befand.
Diese vereinzelt
aufgefundene Pfeilspitze war die kleinste, die bis dato in dem Gräberfeld
zutage gekommen ist. Sie ist 62 mm lang und 17 mm breit, wobei die maximale
Dicke 3,4 mm beträgt. Sowohl die kleinen Ausmaße als auch die flache Form mit
gebogenen Rändern lassen das Stück „weidenblattartig“ aussehen, und diese
Pfeilspitze hebt sich infolgedessen von den anderen rhombischen Exemplaren der
Nekropole ab.
Die fünf anderen Pfeile aus
Grab M. 7 sind von der gleichen Beschaffenheit wie jene aus M. 6,
mit dem Unterschied, dass aus letzterem drei Stücke der flachen, sich
verbreiternden Variante und zwei der massiven Variante rhombischen Typs
zugeordnet wurden. Das größte Fundstück dieser Art (Taf. 73/6) gehört, obwohl
bruchstückhaft geborgen, zur breiten Variante (wie in M. 6). Es hat
eine Länge von 95 mm, die Breite beträgt 26 mm und die Dicke 3,6 mm. Letztere
nimmt in Richtung der Spitze und der Schneiden ab und ist an der Tülle 9 mm
stärker. Eine der beiden Spitzen mit rhombischem Umriss ist schlecht erhalten
(Taf. 73/5), trotzdem konnte ein Bezug zu dem großen massiven Exemplar aus Grab
M. 6 hergestellt werden. Im Falle des zweiten, besser erhaltenen
Stücks sei auf die noch größere Ähnlichkeit mit der massiven kleinen
Pfeilspitze aus M. 6 hingewiesen.
Auch in M. 2
kamen zwei Pfeilspitzen zutage. Sie sind dem Grabinhaber jedoch nicht als
Beigabe verliehen worden, sondern steckten im rechten Bein des Verstorben.
Beide Stücke sind bruchstückhaft vorhanden und können zu den flachen
Pfeilspitzen mit rhombischem Umriss gezählt werden. Das größte Stück ist
schlecht erhalten (Taf. 69/9) und steckte zwischen dem rechten Schien- und dem
Wadenbein. Es hat eine Länge von 76 mm und eine Breite von 35 mm. Auf Grund
dieser Ausmaße wurde es der Gruppe der flachen großen Pfeilspitzen zugewiesen,
jener Art, wie sie bereits aus Grab M. 6 und M. 7 geborgen wurden. Das zweite
Stück (Taf. 69/10) gehört zu den flachen kleinen Pfeilspitzen; es steckte im
Knie des Verstorbenen und war 63 mm lang und 26 mm breit.
Pferdegeschirr-Bestandteile
kamen im Gräberfeld nur in den Bestattungen M. 6 und M. 7
zum Vorschein, d. h. dort, wo die oben beschriebenen, rituell beigelegten
Pfeilspitzen auftraten.
Im Grab M. 6
wurde neben den rechten Fußknochen eine einfache Eisentrense entdeckt (Taf.
71). Sie besteht aus zwei massiven Ringen mit einem Innendurchmesser von 47 bis
50 mm, und diese Ringe sind miteinander durch einen einfachen Stab (Stange)
verbunden. Der im Querschnitt runde Verbindungsstab weist die gleiche Dicke wie
die Ringe auf, d. h. 6 – 8 mm. Die Stabenden waren durch Schmieden in die
gleiche Richtung gebogen worden, so dass sich zwei Haken bildeten, in denen je
ein Ring befestigt war. Die Stangenlänge misst 134 mm. Das gesamte Stück wurde
vermutlich durch Schmieden des warmen Metalls gefertigt, und es weist keine
Verzierungsspuren auf. In derselben Bestattung trat neben dem linken
Oberschenkelbein ein bruchstückhaftes Fundstück zutage, das Teil einer
Eisentrense sein könnte oder, genauer gesagt, ein aus dem gleichen Metall
gefertigter Ring mit den gleichen Ausmaßen wie der oben genannte. An diesem
Ring war noch das Bruchstück einer Befestigungsstange vorhanden.
Eine vollständige
Trense, jedoch anderen Typs, befand sich auf dem linken Knie des in M. 7
Bestatteten (Taf. 73/7). Die Ringe zum Anbringen der Zügel sind im Durchmesser
und in der Dicke mit den oben genannten Ringen gleich, und auch die Befestigungsart
der Stange ist mit jener des Stücks aus M. 6 identisch, wobei im
vorliegenden Fall die Stange in der Mitte gegliedert ist. Das Mundstück besteht
aus zwei Stangen mit je einer Länge von 90 mm, deren hakenförmig gebogene Enden
an einer Seite die beiden Stangenhälften und an der anderen die Eisenringe
umschlossen.
Im Bereich der Zehenknochen
des Grabinhabers von M. 7 wurden außerdem zwei Steigbügel aus Eisen
(Taf. 74/1, 2) entdeckt. Es scheint, als ob die beiden Steigbügel – obwohl sie
zum gleichen Typ gehören und fast identische Dimensionen aufweisen – nicht von
Anfang an ein Paar gewesen oder aber von einem minder begabten Schmied
gefertigt worden sind. Im Falle dieser beiden Stücke konnten bereits auf den
ersten Blick Unterschiede bezüglich der Form der Zügel-Befestigungsöse und der
Sohlenwölbung festgestellt werden. Beide Bügel sind birnenförmig, ihre
Gesamthöhe beträgt 170 mm. Die Breite weist an ihrer maximalen Stelle 126 mm
auf, die Sohlenbreite beträgt 33 mm. Auf der Außenseite der Sohle sind zwei
längliche Rillen festzustellen, die eine dazwischen eingeschlossene Einkerbung
abgrenzen und mutmaßlich zur Verstärkung der ohnehin recht dünnen Sohle dienen
sollten. Das Sohleninnere des Bügels ist glatt. Von Interesse ist es, zu
vermerken, dass die Ösen zur Befestigung der Zügelriemen in beiden Fällen keine
Durchbohrung aufwiesen, was zur Annahme führt, die Ösen hatten eher die
Aufgabe, das Verrutschen des Riemens nach links oder rechts zu verhindern. In
diesem Fall wurden die Riemen eventuell so angebracht, wie wir es in Taf. 74/3
vorschlagen.
Für eine typologische und
chronologische Zuordnung der Bestattungen aus dem Gräberfeld in Broos / Böhmerberg,
Ausgrabungsstelle X2 muss sowohl das Grabinventar als auch die
Gliederungsart der Nekropole in Betracht gezogen werden.
Das an dieser Grabungsstelle
entdeckte Material lässt sich problemlos in die Zeitspanne des Frühmittelalters
in Siebenbürgen datieren, wobei sich an mehreren erforschten Ausgrabungsorten
im innerkarpatischen Raum einschlägige typologische Verbindungen herstellen
lassen. Die einfachen Bronze-Armringe decken – territoriell betrachtet – den
gesamten Raum des Karpatenbeckens ab und treten, chronologisch gesehen, bereits
ab dem 7. Jahrhundert auf [6].
Solche Stücke werden – laut der von Cilinska vorgeschlagenen Typologie – dem
Typ IV, Variante „A“ zugewiesen. Dabei handelt es sich um Schmuckstücke, die
man üblicherweise den Frauenbestattungen zuordnete[7],
was im gegebenen Fall allerdings einige Zweifel aufkommen ließ, da sie in Grab
M. 7 zutage kamen. Berechtigt erscheint uns indes die in derselben
Arbeit geäußerte Meinung, laut der es sich bei den einfachen Bronzeringen nicht
unbedingt um Schmuckgegenstände handele, sondern am ehesten um
Bekleidungsaccessoires, die den Zweck erfüllten, die Hemdsärmel
zusammenzuraffen[8]; dies könnte
wiederum eine Erklärung für die sich verjüngenden Ringenden sein. In
Siebenbürgen sind solche Stücke in noch größerem Maß im 10. Jahrhundert
verbreitet.
In dem ebenfalls in Nähe des
Mieresch-Flusses gelegenen Gräberfeld des Horizonts „Blandiana B“, und zwar
stromaufwärts, nur etwa 21 km vom Böhmerberg entfernt, hat man solche Stücke im
Zusammenhang mit Fundmaterial enteckt, das in die erste Hälfte des 10.
Jahrhunderts zu datieren ist[9].
Aus dem in noch geringerer
Entfernung aufgespürten Gräberfeld in Diemrich / Deva – einem Zufallsfund –
stammt ein einfacher, ebenfalls einem Reitergrab beigegebener Armring, der in
das ausgehende 10. Jahrhundert oder in die ersten Jahre des 11. Jahrhunderts
gefügt werden kann[10].
Die höchste Verbreitung dieses Armring-Typus ist allerdings im Rahmen des
Bijelo-Brdo-Horizontes zu verzeichnen, für den J. Giesler 41 spezifische Formen
von Grabinventar-Material vorschlägt. In dieser Klassifizierung werden die
einfachen Armringe mit sich verjüngenden Enden (Form 4) anhand der an der
jeweiligen Ausgrabungsstelle gemachten Münzfunde zeitlich zugeordnet, und zwar
in die Zeitspanne vom Anfang des 10. Jahrhunderts bis in die ersten Jahre des
neuen Jahrtausends, wobei Nutzung und infolgedessen auch Beigabe dieser Stücke
zugleich mit der Herrschaft Stephans I. Aufhört [11].
Die an der Ausgrabungsstelle
X2 am Böhmerberg entdeckten Ohrringe, desgleichen von
ganz einfacher Art, waren meist gemeinsam mit Armreifen anzutreffen, und sie
wurden demselben kulturellen und zeitlichen Horizont zugewiesen. Weil es sich
um eine einfache Form handelt, ist die räumliche und zeitliche Ausbreitung sehr
groß. In Siebenbürgen sind solche Schmuckstücke beginnend mit der gepidischen[12],
danach in der awarischen Zeitspanne anzutreffen. Gemeint sind die Funde von
Gâmbaş-Câmpia Turzii[13]
und die ins 10. Jahrhundert zu datierende Blandiana B-Nekropole[14]
– also Funde, die schließlich, ab den ersten Jahren des 11. Jahrhunderts,
desgleichen im Rahmen des Bijelo-Brdo-Horizontes, zu ihrer weitesten
Ausbreitung gelangten[15].
In der von J. Giesler für diesen Horizont aufgestellten Klassifikation gehören
die einfachen Ohrringe (Form 25) zu den Stücken mit zeitlich längster Anwendung
(10. – 12. Jahrhundert)[16].
Vergleicht man die von uns entdeckten Fundstücke mit dem umfangreichen
archäologischen Material, von dem wir nur einen kleinen Teil angeführt haben,
gelangt man zur Schlussfolgerung: Die einfachen Ohrringe der Fundstelle X2
sind in die Anfangszeit der Bijelo-Brdo-Gruppe oder, zeitlich gesehen, an den
Anfang des 11. Jahrhunderts zu platzieren.
Die bei Fundstelle
X2 ausgegrabenen Anhänger können vom typologischen und
chronologischen Standpunkt leichter zugeordnet werden, da ihre räumliche und
zeitliche Ausbreitung enger ist. Die kleinen Anhänger sind – dessen ungeachtet,
ob sie im Rahmen der Ciumbrud- [17],
der Blandiana B- [18]
oder der Bijelo-Brdo-Gruppe[19]
in Erscheinung treten (Form 11) – zeitlich um die Wende vom 10. zum 11.
Jahrhundert oder in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts zu datieren. Auch die
Schellen (Glöckchen) sind im Großen Ganzen dem gleichen zeitlichen Horizont
zuzuordnen, wobei die am Böhmerberg anzutreffenden Typen ebenfalls für das 11.
Jahrhundert kennzeichnend sind[20]
(selbst wenn ähnliche Stücke bereits im Gräberfeld aus dem 8. bis 9.
Jahrhundert in Pretai / Bratei[21]
gefunden wurden).
Zu Beginn unseres
Jahrtausends waren die im Bijelo-Brdo-Horizont[22]
zutage getretenen flachen Ringe üblich, jene Ringe mit oder ohne siegelartiger
Verdickung, mit Zickzacklinien-Verzierung und vor allem mit innen gepunkteter
Kreisornamentik. Ein mit dem Fundstück aus Grab M. 8 nahezu
identisches Exemplar wurde aus einem in das 11. Jahrhundert datierten Grab in
Vărşand geborgen [23].
Ähnliche Stücke wie jene vom Böhmerberg kamen im Rahmen des gleichen chronologischen
Horizonts im Banat, in den Ortschaften Gornea oder Cuptoare-Sfogea, zum
Vorschein[24]. Auch die
Ringe lassen sich durch die Einfachheit ihrer Form und Verzierung mit
zahlreichen anderen, in Zeit und Raum ähnlich einzuordnenden Stücken
vergleichen. Der mit einem Punkt in der Mitte versehene Kreis ist eine
schemenhafte Darstellung des Sonnenballs und ein mit dem Sonnenkult
zusammenhängendes Symbol, das bei den sich in Bewegung befindenden Völkern, z.
B. bei den Viehzüchtern, bereits in vorgeschichtlicher Zeit verbreitet war und
sich im volkstümlichen Bereich bis in unsere Tage erhalten hat. Ringe aus
Bronze oder Messing, die den am Fundort X2 entdeckten sehr ähnlich
sind, gehören auch heute noch zur Tracht der Waldarbeiter aus dem Gebiet von
Hunedoara[25].
Das in der
„Repousse“-Technik gefertigte, aus dem Reitergrab M. 7 geborgene
Beschlag-Bruchstück gehört vermutlich dem alten madjarischen Horizont an und
ist folglich ins 10. Jahrhundert zu plazieren. Die in diesem Fall angewandte
Ornamentik und auch die Herstellungstechnik erinnern an die in Klausenburg /
Cluj entdeckten Stücke (1911 und 1941 – 1942, im Umfeld der Zapolya-Straße)[26].
Weitere in dieser Art gefertigten Stücke, die noch einen bedeutenden Einfluss
der Steppenkunst aufweisen, traten in Siebenbürgen in den Ortschaften
Gâmbaş oder Lopadea Nouă auf[27].
Es handelt sich dabei um mehrere, gewöhnlich paarige Fundstücke, die vermutlich
von Pferdegeschirren stammen, das heißt um Teile, die in dem genannten Horizont
bekanntlich zusammen mit dem verstorbenen Besitzer beigesetzt wurden[28].
Aus diesem Grund ist eine Neudatierung all der anderen, bereits zugeordneten
Stücke wegen des Vorhandenseins eines solchen bruchstückhaften Streufundes im
Brooser Gebiet Böhmerberg, Fundstelle X2 nicht
gerechtfertigt, und dies vor allem deswegen, weil auch in Vărşand
Stücke ähnlicher Beschaffenheit vereinzelt in Bestattungen aus dem 11.
Jahrhundert zutage getreten sind[29].
Pfeilspitzen wie
jene im Gräberfeld X2 gehören in Mitteleuropa oder im Raum der
euro-asiatischen Steppen zu einer häufig angetroffenen Fundgattung[30].
Wie im Falle der Geschmeide sind auch die Pfeilspitzen von einfacher
Beschaffenheit. Die flachen, mit einem Befestigungsdorn in dem gespaltenen
Holzschaft befestigten Spitzen waren leichter auszuführen als jene mit Tülle,
und aus diesem Grund fanden die ersteren eine große räumliche und zeitliche
Verbreitung[31]. Der
Ursprung dieser Befestigungsart geht sicherlich bis in die vorgeschichtliche
Zeit zurück, zu den Silex- oder
Knochenspitzen, und die ununterbrochene Nutzung dieses Pfeiltyps bis ins
Mittelalter kann durch zahlreiche archäologische Funde unter Beweis gestellt
werden[32].
Die Fundstücke, die am Böhmerberg geborgen wurden, sind, abgesehen von
geringen morphologischen und dimensionalen Unterschieden, die von ihrer
Nutzungsart bedingt sind, größtenteils den rhombischen Pfeilen zuzuweisen[33].
Vergleicht man die rituell den Bestattungen M. 6 und M. 7
beigegebene Pfeilsammlungen, stellt man die Absicht fest, eine Reihe von
Stücken mit mutmaßlich unterschiedlicher Nutzung beizugeben. Die beiden
Pfeilbündel waren so angeordnet, dass sich nicht zwei identische Stücke unter
ihnen befanden, ein Umstand, der mit dem Fund von Vărşand
Ähnlichkeiten aufweist[34]
sowie mit zahlreichen Gräbern des alten madjarischen Horizontes[35].
Was die Anzahl der den Bestattungen
beigegebenen Pfeile anlangt, vermerkt Csanad Balint, dass höchstens 7 bis 9 und
mindestens 2 bis 4 solcher Waffenstücke in einem Grab anzutreffen sind, und er
fügt hinzu, ihre Anzahl könne ein Hinweis auf den Rang der Verstorbenen sein[36].
Die in Mehrheit der Fälle ungerade Anzahl der Pfeile könnte, anderen Meinungen
zufolge, auf das Vordringen der Seele in die verschiedenen Regionen des
Jenseits verweisen[37].
Was mit ziemlicher Sicherheit behauptet werden kann, ist die Tatsache, dass der
Zahl der Pfeile eine magisch-religiöse Rolle oder eine Rangordnung in der
Stammesgemeinschaft zugewiesen werden kann, da nirgendwo innerhalb dieses
Horizontes volle Köcher entdeckt wurden[38].
Von Interesse ist auch die Tatsache, dass sich die Pfeile mit nach oben gerichteter
Spitze in den Köchern befanden – ungewöhnlich für die Praxis der Bogenschützen,
da diese die Pfeile mit der schweren Spitze nach unten und den Federn an der
Köcheröffnung mit sich trugen, wie man aus zahlreichen Darstellungen jenes
Zeitalters schließen kann[39].
Typologisch betrachtet,
lassen sich die Pfeilspitzen vom Brooser Böhmerberg dem Pfeiltypus des
Steppenhorizontes zuordnen. Ähnliche Exemplare sind im kirgisischen,
nordkaukasischen und nordpontischen Raum anzutreffen und werden insbesondere den
Turkvölkern zugewiesen[40].
Dieser Pfeiltyp fand im Karpatenraum vor allem durch die Madjaren Verbreitung.
In der von Al. Ruttkay vorgeschlagenen Klassifizierung werden die Speerspitzen
mit „Dorn“ der B -Gruppe zugeteilt, wobei bei letzterer zwischen mehreren
Untergruppen unterschieden wird[41].
Die von uns untersuchten Fundstücke können gemäß dieser Typologie den Typen 1a,
1c, 2a und 2c zugeordnet werden und sind weitläufig in den Zeitraum zwischen
dem 10. und 12. Jahrhundert zu stellen. Derselbe Verfasser weist in einer enger
gefaßten Typologie die rhombischen Pfeile der von uns beschriebenen Art dem im
10. bis 11. Jahrhundert am stärksten verbreiteten Typus VI zu[42].
Was die Verwendung dieser Stücke betrifft, kann angenommen werden, dass sie
beim Jagen oder im Krieg zum Einsatz kamen. Die großen und breiten Pfeile
wurden vermutlich in größerem Maß für die Jagd genutzt oder während des Kampfes
zum Niederschlagen der Pferde[43],
während die kleineren, robusteren Stücke vor allem im Kampf zum Einsatz kamen,
und zwar mit dem Zweck, die Rüstung des Gegners zu durchbohren.
In chronologischer und
typologischer Sicht lassen sich die in Grab M. 7 entdeckten
Steigbügel leichter einordnen als die Pfeile. Erstere gehören zum ovalen oder
birnenförmigen Typ, beziehungsweise zur IV. Gruppe, Variante 2 (10. bis 11.
Jahrhundert, nach Al. Ruttkay)[44].
Die gebogene Form der Steigbügelsohle ist wohl auf das Schuhwerk des Reiters
zurückzuführen, das im vorliegenden Fall weiche Sohlen gehabt haben muss.
Typologisch ähnliche Funde wurden in Rumänien in Klausenburg / Cluj,
Vărşand, Diemrich / Deva[45]
oder Arad-Ceala[46]
gemacht sowie an mehreren in der Pannonischen Ebene gelegenen Stellen[47].
Zum Unterschied von den Pfeilen verschwindet dieser Steigbügeltyp gleichzeitig
mit dem Aufgeben der sich auf die leichte Reiterei stützenden Kampftaktik, d.
h. ab dem 11. Jahrhundert.
Desgleichen eine
Datierung ins 11. Jahrhundert möchten wir auch für die aus den Bestattungen M. 6
und M. 7 geborgenen Trensen vorschlagen. Das Exemplar aus M. 7
gehört zu den gegliederten Trensen, die laut Al. Ruttkay dem Typ II zugewiesen
werden[48].
Derselbe Wissenschaftler vertritt die Meinung, dass dieser Trensentyps – trotz
seiner Einfachheit und Effizienz im Gebrauch – vor dem 9. Jahrhundert in Europa
unbekannt war und dass sich seine Nutzung (ab dem 10. Jahrhundert) während der
Dauer des gesamten Mittelalters auf dem ganzen Kontinent durchgesetzt habe. Als
Hauptträger dieses Trensentyps gelten ebenfalls die alten Madjaren, in deren
Grabanlagen häufig derartige Beigaben gefunden wurden[49].
Ihr Ursprung ist übrigens desgleichen im östlichen Europa zu suchen[50].
Die ungegegliederte Trense aus Grab M. 6 gehört laut Klassifizierung
von Al. Ruttkay zum Typ III. Diese Trensenart ist in den gleichen kulturellen
und zeitlichen Horizont zu stellen und hat die selbe Herkunft wie die
gegliederten Stücke; sie trat am häufigsten im südlichen Raum der ehemaligen
UdSSR zutage[51]. Dank ihrer
einfachen Form gibt es in Europa für die Zeitspanne vom 10. bis 11. Jahrhundert
zahlreiche Analogien zu diesen Trensen. Nach dem 11. Jahrhundert ging ihre
Nutzung allmählich zurück, bis sie schließlich nach dem 12. Jahrhundert
gänzlich verschwanden und der gegliederten Trense Platz machen[52].
Die Grabbeigaben aus der Fundstelle
X2 können in ihrer Gesamtheit, und zwar sowohl Schmuck- und
Kleidungsstücke als auch Waffen- und Ausrüstungsteile, in die Zeit um die
Jahrtausendwende, möglicherweise in die erste Hälfte des 11.
Jahrhunderts.datiert werden. Bezüglich der kulturellen Zuweisung der Anlage,
muss vermerkt werden, dass die Mehrheit des Materials von der Typologie her dem
ersten Zeitabschnitt des Bijelo-Brdo-Horizontes entspricht, wobei allerdings
die Lockenringe mit S-förmigen Enden, die schraubenartig gewundenen sowie die
geflochtenen und in Tierköpfen endenden Armreifen nicht anzutreffen sind. Im
Gräberfeld am Böhmerberg wurden hingegen für die Blandiana B-Gruppe
spezifische Funde geborgen, die zeitlich vor den Bijelo-Brdo-Horizont zu
stellen sind, beispielsweise die Armreifen, die einfachen Ohrringe oder die
Anhänger mit hohlem Körper. Keramik und „traubenförmige“ Ohrringe
byzantinischer Prägung sind allerdings nicht anzutreffen. Außerdem entdeckte
man Bewaffnungsstücke und Pferdegeschirr-Teile, die der Klausenburger-Gruppe
zugeordnet werden können, wobei allerdings solch spezifische Funde wie
Schwerter oder Pferdeknochen fehlen – die rhombischen Pfeile, ovalen Steigbügel
und beide Trensenarten jedoch vorhanden sind.
In der Nekropole vom Brooser Böhmerberg,
Fundstelle X2 sind Elemente vorhanden, die mehreren oder
gleich darauffolgenden kulturellen Horizonten zuordenbar sind. Diese Anlage
ist als Übergang anzusehen, von den Gräberfeldern des Blandiana B-, des Ciumbrud-
oder Klausenburger Typs (9. und 10. Jahrhundert) zu den für das 11. bis 12.
Jahrhundert kennzeichnenden Bestattungen des Bijelo-Brdo-Typus. Aufgrund dieser
Feststellungen kann, ohne allzu große Vorbehalte, behauptet werden: Das zur
Untersuchung stehende Gräberfeld ist um die Jahrtausendwende und bis in die
ersten Jahrzehnte des 11. Jahrhunderts genutzt worden.
[1] PINTER – LUCA 1995.
[2] Die topographische Studie wurde von
der Firma ASAR Grup S.R.L., Diemrich / Deva, erstellt, in Zusammenarbeit mit
Arch. Cristina Mihoc.
[3] Die archäologischen Ausgrabungen wurden im Jahre 2000 durch Z. K. Pinter, M. Ţiplic, A. Dragotă wieder aufgenommen und werden auch in diesem Jahr (2001) weitergeführt. Wir beabsichtigen, die Grabungsergebnisse in einem ergänzenden Beitrag zu veröffentlichen.
[4] Florescu
– Miclea 1979, 73, Abb. 42, 151 (Kat. 111) mit Bibliographie. Rusu 1985 – 1896, 31-66.
[5] Nicolle 1988, 42, Abb. 103.
[6] Cilinska,
1937, 85.
[7] Ders., 63 f.
[8] Ders., 84 f.
[9] Horedt
1986, 78, Abb. 35-3.
[10] Horedt
1986, 84, Abb. 39; Pinter
1995, 5-10.
[11] Giesler
1981, 3-167.
[12] Horedt
1986, 16, Abb. 7-11.
[13] Horedt
1986, 70, Abb. 31-12.
[14] Horedt
1986, 77, Abb. 35-2.
[15] Popescu
1956, 88, Abb. 81-4; S. 89, Abb. 83; S. 91, Abb 86-1, S. 147 f.
[16] Giesler
1981, 3-167.
[17] Dankanits
– Ferenczi 1959, 605-612.
[18] Horedt
1986, 77, Abb. 35-6.
[19] Popescu
1956, 91, Abb. 8-1.
[20] Bakay
1967, 114.
[21] Zaharia
1977.
[22] Giesler
1981, 3-167.
[23] Popescu
1956, 91, Abb. 87-89.
[24] Uzum
1981, 192 f.
[25] SecoŞan
1981, 423, Abb. 6, 7.
[26] Kovács
1942, 85-116; Lázsló 1942,
578-584.
[27] Horedt
1986, 83, Abb. 38; 86, Abb. 40; 1958, 139 f.
[28] Balint
Csanad 1989, 195-229.
[29] Popescu
1956, 90 f., Abb. 84, 86.
[30] Nicolle
1988, 10-21, 526-550.
[31] Sebestyen
1933, 63-91.
[32] Popa
– Zdroba 1966, S. 21 ff.; Rusu
1982 – 1983, 357, Abb. 11-4; Costea
1968, 80-86.
[33] Sebestyen
1933 (vgl. Anm. 32)
unterscheidet sogar zwei Gruppen: rhombische und deltoide Spitzen, sowie 6
Typen, die mit A, B, C, D, E und F bezeichnet werden; er vermerkt jedoch, dass
es sich eigentlich um Varianten derselben Grundform handelt, wobei zwischen
diesen gewöhnlich gemeinsam in Gräbern anzutreffenden Formen keine
chronologischen Unterschiede feststellbar gewesen seien (S. 78).
[34] Popescu
1956, 90.
[35] Bakay
1967, 144-172; Kovacs 1976,
90-92.
[36] Balint
Csanad 1989, 216.
[37] LÁszlo
1950, 139.
[38] KovÁcs
1942, 92.
[39] Nicolle 1988, 645, Abb. 72e; S. 661, Abb.
136 q; Mann 1957, 56-74, Taf. 70,
71.
[40] Nicolle
1988, 5/7 a-f, 8a-u; S. 13 f., S. 367.
[41] Ruttkay
1976, 325-333; Taf. 54.
[42] Ruttkay
1982, 174-183, Tab. II.
[43] Ruttkay
1976, 329.
[44] Ebenda, 354.
[45] Horedt
1986, 81-88, Abb. 39.
[46] DÖrner
1970, 447-449.
[47] Bakay
1967, 110-141, vgl. Abb. 5; 12; 3-a, b, c; 6, 7-a. Balint Csanad 1989, 211 f.
[48] Ruttkay
1976, 357 f., Abb. 75.
[49] Bakay
1967, 112, Abb. 3A-20; 3B-3; S. 115, Abb. 5-11; S. 116, Abb. 6-9; Balint Csanad 1989, 212 f.
[50] Mahno
1971, 87-94, Taf. 6-10, 11.
[51] Ruttkay
1976, 338.
[52]
Ders., 338 f.