Mittelalterliche Schweter und Säbel in Siebenbürgen und im Banat (9. bis 14. Jahrhunderts)

 

Romanian Abstract: : SPADA ŞI SABIA MEDIEVALĂ ÎN TRANSILVANIA ŞI BANAT (SECOLELE IX-XIV)

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Home

Autor: ZENO-KARL PINTER.

ISBN 973-98446-2-6, Editura BANATICA, Reşiţa 2001.

© copyright: ZENO-KARL PINTER

Prelucrare Web: Cosmin Suciu; Powered by Institutul pentru Cercetarea Patrimoniului Cultural Transilvanean în Context European (IPTCE)

 

VII. Schlußfolgerungen

 

Was die Kampfausrüstungen anbelangt, waren in Siebenbürgen zur Zeit des Frühmittelalters die gleichen Formen wie im restlichen Europa vertreten, die beständig, gemäß den auf diesem Kontinent bestehenden mittelalterlichen militärischen Strukturen, angepaßt werden mußten.

Die mittelalterlichen Schwerter des 9.-14. Jahrhunderts bildeten dabei keine Ausnahme, sie lassen sich in den allgemeinen Strom der europäischen Entwicklung eingliedern, wobei die zonalen Eigenheiten minimal sind. Wie oben bereits erwähnt, waren die morphologischen Merkmale der Schwerter sowohl von der Entwicklung der Schutzausrüstung des potentiellen Feindes als auch von der Anpassungsfähigkeit an die Kampfweise desselben abhängig. Diesbezüglich machten sich im 9. bis 14. Jahrhundert in Siebenbürgen gewaltige Einflüsse aus Mittel- und Westeuropa und in geringerem Maße aus Osteuropa und dem Balkan bemerkbar - ein Umstand, der durch die in jener Zeit herrschenden geschichtlichen und militärischen Ereignisse zu erklären ist.

Im Falle der Schwerter ist im Raum des Karpatenbeckens der größte Teil der europäische typologische Vielfalt vertreten, es treten allerdings in verschiedenen Zeitabschnitten einige Unterschiede auf. Die ins 8. bis 9. Jahrhundert datierten Stücke sind selten, während jene Exemplare, die den späteren Zeitabschnitten, dem 12.-14. Jahrhundert zuzuordnen sind, zahlreicher auftreten. Außerdem muß hinzugefügt werden, daß die Schwerter des abendländischen Typus im Vergleich zu jenen byzantinischer Art (die übrigens im gesamten mittel- und südosteuropäischen Raum selten sind) überwiegen. Um eine möglichst genaue Untersuchung dieser Sachlage durchführen zu können, erweist es sich in erster Linie als notwendig, die Art und Weise sowie die Wege zu erforschen, durch die solche Stücke bis heute bekannt und erhalten geblieben sind. Ein im 8. Jahrhundert gefertigtes Schwert konnte "überleben", wenn es in der Erde vergraben war; es kann als Teil eines Schatzes aufbewahrt oder von Generation zu Generation weitervererbt werden. Letzteres allerdings könnte über 12 Jahrhunderte hinweg kaum der Fall gewesen sein, und in Horten wurden derartige Waffen nur dann aufbewahrt, wenn sie von besonderer Bedeutung waren. In die Erde können die Schwerter durch rituell vorgenommene, in Gräberfelder angeordnete Bestattungen gelangt sein oder sie wurden möglicherweise in der Erde verborgen, um später erneut ausgegraben zu werden. Daß solch eine Waffe verlorenging, ist kaum anzunehmen, wenn man - wie bereits genannt - ihren damaligen Wert und ihr Volumen in Betracht zieht; die Schwerter wurden nach Beendung des Kampfes sogar vom Schlachtfeld eingesammelt. Selbst wenn man annehmen kann, daß nicht alle Waffen durch solche Tätigkeiten gefunden wurden, ist es kaum wahrscheinlich, daß ein zu Boden gefallenes Schwert so lange unbemerkt bleiben konnte, bis es auf natürliche Weise mit Erde bedeckt wurde. Es besteht die Möglichkeit, daß das Schwert während des Kampfes an unzugänglichen Stellen verlorenging, z.B. an einem Fluß oder in einem Sumpf; dadurch ließen sich die häufig an Gewässern zutage getretenen Funde dieser Art erklären. Infolgedessen waren die meisten ins 8.-9. Jahrhundert datierten mittelalterlichen Schwerter Zufallsfunde und nur ein geringer Teil dieser Waffen ist durch systematisch ausgeführte archäologische Ausgrabungen erforscht worden, zum Unterschied zu den jüngeren Exemplaren aus dem 12.-14. Jahrhundert, die des öfteren in alten Waffensammlungen oder historischen Arsenalen aufbewahrt wurden. Außerdem ist nicht auszuschließen, daß zahlreiche frühe Stücke eingeschmolzen und "wiederverwertet", d.h. in neuere Exemplare umgewandelt worden sind; dieses geschah im frühen Mittelalter, wenn die Waffe im Kampf abgenutzt war und vor allem deshalb, weil das Metall, aus dem diese Waffen geschmiedet waren, damals sehr wertvoll war.

Jedoch nicht allein durch diesen Tatsachen, entsteht ein widersprüchliches Bild. In den früheren Zeitabschnitten waren die Schwerter gewiß seltener, da sie technisch schwer herzustellen waren; außerdem stellten sie einen wertvollen Besitz dar und verkörperten symbolische und geistige Werte der obersten militärischen Stände. Später erlebte das Handwerk durch die Gründung zahlreicher spezialisierter Zünfte eine Blütezeit, die unter anderem auch zum Anwachsen der Schwerterproduktion führte; infolgedessen verloren diese Waffen an Wert und wurden auch anderen Gesellschaftsschichten zugänglich.

Die quantitative Diskrepanz, die zwischen den Herkunftsgebieten dieser Waffen auftritt, muß auf die historischen Gegebenheiten zurückgeführt werden. Aus dem oben Gesagten kann festgestellt werden, daß die Mehrzahl dieser aus dem 8.-9. Jahrhundert stammenden Stücke in Gräberfeldern entdeckt wurden, was ein nichtchristliches Ritual oder das Ausüben ausgeprägter vorchristlicher Bräuche voraussetzt. Dabei kann im Siebenbürgen jener Zeit allein die nichteinheimische Bevölkerung derartige Bräuche ausgeübt haben. Selbstverständlich stellt sich die Frage, warum in unchristlichen, madjarischen oder slawischen Gräbern ziemlich häufig nordische und seltener fränkische Schwerter auftreten, wobei die byzantinischen Schwerter in äußerst seltenen Fällen vertreten sind. Die Antwort darauf kann in den byzantinischen, bereits durch Kaiser Justinian (526-565) erlassenen Rechtsverordnungen gefunden werden, die Tribonius in seinem Werk "Corpus Juris civilis" erwähnt; diese Verordnungen blieben auch im Laufe der darauffolgenden Jahrhunderte gültig und führten zu einem regelrechten Waffenembargo. Zur Zeit der Herrschaft Leons VI. (887-893), die uns hier wegen dessen sg. "Basilicale" von Interesse erscheint, war die Waffenausfuhr der "loricas, scuta, et arcus, sagittas, et spathas, et gladios" und allgemein des unbearbeiteten oder bearbeiteten Eisens streng verboten; ein solches Verbot wurde auch den Händlern auferlegt und selbst die Boten, die zu den Barbaren entsandt wurden, hatten diese Regelung einzuhalten, da ihnen sonst die Höchststrafe drohte: die Beschlagnahmung ihres Eigentums und die Todesstrafe. Diese strengen Regelungen beweisen, wie sehr dieses Material im barbarischen Umfeld geschätzt war und daß es für die Wandervölker außerhalb des Kaiserreichs eine große Versuchung war, in den Besitz derartiger Waffen zu gelangen. Da jedoch die Waffen für die byzantinischen Händler eine bedeutende Verdienstquelle waren, muß man annehmen, daß dieses Embargo übertreten worden ist, ein Umstand, den auch einige archäologischen Funde unter Beweis stellen. Einer von jenen, die dieses Verbot übertreten haben, war der Gesetzgeber Leon VI. selber, da bekannt ist, daß er den madjarischen Anführern durch seine Boten Waffengeschenke zukommen ließ. Sein Vorgänger Justinian hatte in einer ähnlichen Situation eine "diplomatischere" Lösung gefunden: Die awarischen Boten des Bajan hatten nach Beendung ihrer Verhandlungen mit Byzanz, ohne dabei auf Schwierigkeiten zu stoßen, Kleider und Waffen gekauft und sich auf ihren Heimweg gemacht. Der Kaiser jedoch gab dem General Justinos den geheimen Befehl, die Boten gefangenzunehmen und ihnen die gekauften Waffen abzunehmen. Es ist bekannt, daß der Waffenexport nur an die Barbaren verboten war, wobei man die Verbündeten und jene Völker, die die Oberherrschaft Byzanz' und des Kaisers anerkannten, nicht zu der oben genannten Kategorie von Menschen zählte. Letzteres war mutmaßlich auch im Falle des Fürsten Menumorut geschehen, und dadurch kann das Vorhandensein eines byzantinischen Schwertes in Sf. Gheorghe / Sankt Georgen erklärt werden, einem Raum, in den die Madjaren im 10. Jahrhundert kaum vorgedrungen sein konnten.

Auch die Franken unternahmen im Jahre 805 und 811 einen ähnlichen Versuch, die Waffenausfuhr an die Slawen, Mähren und Awaren zu verbieten. Das Auffinden von Schwertern fränkischer Herkunft in den Siedlungsgebieten der obengenannten Völker läßt jedoch darauf schließen, daß dieses Ausfuhrverbot in viel geringerem Maße als das byzantinische eingehalten worden ist. Andererseits wäre - im Falle eines uneingeschränkten Waffenhandels - die Anzahl dieser Sachfunde bestimmt viel größer gewesen.

Schlußfolgernd kann behauptet werden, daß die geringe Anzahl der ins 8.-11. Jahrhundert datierten Schwerter anhand mehrerer objektiver geschichtlicher Zusammenhänge zu erklären ist und keinesfalls auf ein Bevölkerungsvakuum oder das Fehlen einer entsprechenden politisch-militärischen Organisierung zurückzuführen ist, wie dies aus den Berichten des Anonymus hervorgehen könnte. (Letzterer erwähnte, daß die Kämpfer in Siebenbürgen nur mit Pfeil und Bogen bewaffnet waren.) Aus zahlreichen anderen Stellen seines Werkes geht jedoch genau der entgegengesetzte Stand der Dinge hervor; wenn in diesem Raum die militärische Organisierung und die politischen Strukturen nicht funktionsfähig gewesen wären, ist es fragwürdig, wieso das Fürstentum des Menumorut schwerer zu unterwerfen war als dieses beim Fürstentum $$$ Kiew der Fall gewesen war. Die Beschreibung des Heeres von Gelu könnte auf eine andere Art gedeutet werden. Die Aussage "und ihr Fürst Gelou ist wenig standhaft und wird nicht von guten Soldaten umgeben" (XXV), kann zur Schlußfolgerung führen, der Fürst sei von den ausgebildeten Kämpfern verlassen, d.h., um es in der damals üblichen Sprache zu formulieren: von seinen Vasallen verlassen worden, die darüber unzufrieden waren, daß ihr Lehnsherr "viele Unzulänglichkeiten erleidet" (XXV); somit war Gelu in der von Anonymus beschriebenen Lage gezwungen, sich mit dem sg. Heer vom Lande auszuhelfen, das aus freien Bauern bestand, d.h. aus "<...> den ärmsten Menschen <...> Blachen und Sklawinen, die keine anderen Waffen als Pfeil und Bogen besitzen...". (XXV) Daß zur Herrschaftszeit des Fürsten Gelu in Siebenbürgen entwickelte politisch-militärische Gesellschaftsbeziehungen (vom Typ Vasallentreue) bestanden, geht auch aus der darauffolgenden Beschreibung des Anonymus hervor: als die Bewohner des Landes - womit die Höhergestellten des Ortes gemeint waren - trotz ihrer Niederlage den "Tod ihres Herren sahen", d.h. die Aufhebung ihres Vasallenbündnisses, "wählten sie, von niemandem dazu gezwungen, händeschüttelnd Tuhutum zu ihrem Herren". Sie "bekräftigten ihr Wort durch einen Schwur" (XXVII), d.h. sie bekundeten ihre Untertänigkeit auf vasallische Art und legten keinen Blutseid ab, wie das in demselben Werk bei den Madjaren erwähnt wird (V). Derselben Quelle zufolge führte Fürst Glad im Banater Gebiet ein gewaltiges, aus Reitern und Fußvolk gebildetes Heer an, das im Kampf auch von "Knesen der Bulgaren" unterstützt wurde.

Diese auf Vasallität beruhende militärische Organisationsform, die für jenes Zeitalter fortschrittlich war, führte mutmaßlich dazu, daß der Säbel in Siebenbürgen in geringem Maße benutzt wurde, da er mit der auf das fränkische, nordische oder byzantinische Schwert basierenden Kampfart nicht vereinbar war. Die in die Zeit vor das 10. Jahrhundert datierten Stücke dieser Art, die in Siebenbürgen, im Banat und im Kreischgebiet (obwohl in geringer Anzahl) zutage traten, lassen im Verhältnis zur Ausdehnung des Fundgebietes und im Vergleich zu anderen Gebieten wie Mähren oder Rußland darauf schließen, daß in diesem Raum eine gründliche militärische Organisation vorhanden war und daß es hier lebensfähige politische Strukturen gegeben hat, die sich zur gesamteuropäischen Entwicklung der mittelalterlichen Gesellschaft im 8. bis 11. Jahrhundert synchron entwickelt haben.

Nach dem 11. Jahrhundert veränderte sich diese Lage zugunsten der Madjaren, die die dominierende militärische Macht in diesem Raum waren, die, nach ihrem Übertreten zum Christentum römischen Glaubens, die militärischen, gesellschaftlichen, politischen Strukturen aus Mittel- und Westeuropa selbst übernommen und ihren Wirkungsbereich auf das Deutsche Kaiserreich ausgedehnt hatten. Dieser Aspekt ist archäologisch leicht festzustellen, da die Bestattungsbeigaben in den madjarischen Gräberfeldern, die in die Zeit nach dem ersten Jahrtausend zu datieren sind, ihre Konfiguration verändern; die für diese Bevölkerung in der Zeit ihres Vordringens nach Siebenbürgen und Pannonien kennzeichnenden Säbel wurden durch Schwerter abendländischer Prägung ersetzt, wobei hinzugefügt werden muß, daß diese Waffen um die Mitte des 11. Jahrhunderts als Bestattungsbeigaben nicht mehr anzutreffen sind.

Einen neuen Ansporn zur Verbreitung des abendländischen Ritterschwerts in Siebenbürgen vollzog sich durch die im 12. Jahrhundert im Südosten des genannten Gebietes erfolgte Ansiedlung der deutschen Bevölkerung. Die sächsischen Ansiedler brachten (wie dies desgleichen im Bereich des Ackerbaus, des Handwerks und der Architektur geschehen war), auch ihre militärischen Bräuche ihrer Herkunftsgebiete in ihre neue Heimat mit, und so ist schwerlich anzunehmen, daß sich die adligen "Gräfen" ohne ihre eigenen Waffen dort angesiedelt haben. Bereits aus dem darauffolgenden Jahrhundert stammen die ersten archäologischen Funde, die unter Beweis stellen, daß die sächsischen Schmiede derartige Waffen nach den damals im Abendland "aktuellsten" Formen angefertigt haben. In derselben Zeitspanne müssen auch die Ritter des Deutschen Ordens, die ausgebildete Kämpfer waren, eine bedeutende Rolle hinsichtlich der Anpassung der siebenbürgischen Bewaffnung an die neuesten Forderungen der damaligen Militärkunst gespielt haben, obwohl sie nur für kurze Zeit im Burzenland ansässig waren; die von ihnen angelegten Befestigungsanlagen sowie die wenigen, ihnen zuzuordnenden Fundstücke stellen diese Fähigkeit der Deutschen Ordensritter unter Beweis.

Im 13. Jahrhundert kam es zur ersten "militärischen Niederlage" großen Ausmaßes, den die schwere Reiterei im Kampf gegen die einfallenden Mongolenhorden erlitt; da letztere, die sich der äußerst leicht zu manövrierenden, leichten Reiterei bedienten, nur über eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne hinweg Mitteleuropa beherrschten, führte dieses Ereignis zu keinen Veränderungen in der Konfiguration der in Siebenbürgen benutzten Kampfausstattung, so wie dies in Rußland (durch Anpassen an die leichte Reiterei des Feindes) geschehen war. Weder das 14. Jahrhundert, noch die Türkengefahr oder die vernichtende Niederlage der schweren Reiterei in Nikopole hatte eine radikale Veränderung in der Beschaffenheit der Bewaffnung in Siebenbürgen zur Folge; die Schwerter entwickelten sich zu immer größeren und schwereren Formen, die den Plattenrüstungen, die auch im darauffolgenden Jahrhundert vorherrschten, angepaßt waren.

Dem Säbel, als Waffe der leichten Reiterei, war im Siebenbürgen des Mittelalters keine "militärische Laufbahn" beschieden. Er wurde nur für kurze Zeit, während jener der ersten landnehmenden Madjaren benutzt und wird zeitlich in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts angesiedelt. Aus diesem Grund sind die wenigen Stücke dieser Art in den Gräbern der genannten Bevölkerung zu finden, genauer gesagt in jenen aus der Zeit ihrer ersten Wanderwelle, die archäologisch - nach den frühesten, in der Stadt am Someş (in der Zápolya / Dostoievski Straße) zutage getretenen Funden (aus den Jahren 1911 und später 1941-1942) - als "Cluj / Klausenburger Gruppe" bezeichnet wurden. Dieser Horizont weist noch starke Einflüsse der Steppenkulturen auf, u.zw. durch Beigabe von Waffen und Teilen von Pferdekörpern in Gräbern. Die wenigen Schwerter, die in Anlagen wie Gâmbaş, Arad-Ceala oder dem bereits erwähnten Gräberfeld in Cluj / Klausenburg entdeckt wurden, zu denen einige Stücke unbestimmter Herkunft hinzugezählt werden müssen, erlauben das Aufstellen einer eigenen Typologie nicht, sondern lassen eventuelle Vergleiche mit den in West-, Mittel- und Osteuropa erarbeiteten, bereits allgemein anerkannten Typologien zu.